Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

510 Preußen und Rußland. 1863 
Sir Andrew fragte, ob dabei auch Überschreitung der Grenze 
durch die beiderseitigen Truppen zugelassen sei. Bismarck 
bejahte mit der bestimmten Erklärung, daß Preußen ein un- 
abhängiges Polen an seiner Grenze nimmermehr dulden 
könnte. Wie aber, sagte Sir Andrew, wenn der immerhin 
mögliche Fall einträte, daß die Russen aus Polen hinaus- 
geschlagen würden, was würdet Ihr dann thun? Dann, 
erwiderte Bismarck, müßten wir das Königreich selbst zu be- 
setzen suchen, um dies Aufkommen einer uns feindlichen Macht 
zu hindern. Dies wird Europa niemals dulden, rief darauf 
Sir Andrew, und wiederholte es mehrmals. Bismarck fragte 
kurz: wer ist Europa? Verschiedene große Nationen, sagte 
der Gesandte. Sind sie bereits darüber einig? fragte Bis- 
marck. Sir Andrew vermied eine positive Antwort, erklärte 
aber, daß Frankreich sich in der Unmöglichkeit befände, eine 
neue Unterdrückung Polens zuzulassen. Für uns, wieder- 
holte Bismarck, ist die Unterdrückung des Aufstandes eine 
Frage über Leben und Tod; schloß aber das Gespräch mit 
der Bemerkung, daß es unnütz sei, nicht vorliegende Mög- 
lichkeiten zu erörtern. 
In ähnlichem Sinne sprach er gleich nachher mit dem 
französischen Gesandten, Herrn von Talleyrand, der sich auf 
die Erklärung beschränkte, daß er die Ansichten seiner Re- 
gierung über Polen noch nicht kenne. Bismarck redete zu 
ihm um so unbefangener, als er schon als Gesandter in 
Paris auf eine Außerung Napoleon's, man müsse etwas für 
Polen thun, seine eigene Auffassung in nachdrücklicher Form 
dem Kaiser ohne weitern Widerspruch vorgetragen, und so 
eben erst, am 4. Februar, die französische Regierung im 
gesetzgebenden Körper einen polenfreundlichen Antrag Jules
	        
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