Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1863 Frankreichs drohende Haltung gegen Preußen. 511 
Favre's bekämpft und Polen auf die Großherzigkeit und 
Humanität Kaiser Alexander's verwiesen hatte. 
Hier aber stand ihm eine schwere Enttäuschung bevor. 
Napoleon war allerdings ein Gegner der rothen Partei, 
wie im übrigen Europa, so auch in Polen. Aber gerne 
wäre er auf Gortschakoff's und Wielopolski's System ein- 
gegangen, und schon hienach war ihm die preußische Conven- 
tion zuwider. Dazu kam das heftige Brausen der öffentlichen 
Meinung Frankreichs, wo der ganze Klerus mit den Liberalen 
Hand in Hand zu Gunsten Polens ging, und gerade jetzt 
binnen Kurzem allgemeine Wahlen, wo der Regierung die 
Unterstützung des Klerus wichtig war, bevorstanden. So 
eingeklemmt zwischen der nationalen Sympathie für Polen 
und der eigenen für Rußland, kam die Regierung auf den 
Gedanken, ob sich „für Polen etwas thun lasse“, wenn man 
die Spitze der Agitation nicht gegen Rußland, die origo mali, 
sondern gegen das mitschuldige Preußen richte. Niemand 
konnte zu einem solchen Verfahren eifriger bereit sein, als 
Drouyn de Lhuys. 
Schon am 15. Februar äußerte er gegen den preußischen 
Gesandten Grafen Goltz: „wir begreifen, daß jede der drei 
Theilungsmächte ihre polnischen Provinzen zu behalten strebt. 
Aber wir dachten, Ihr wäret zum Schutze Posens allein 
stark genug, und hättet den Russen ihre Aufgabe allein über- 
lassen können. Dann wäre nur ein Drittel der polnischen 
Frage aufgerührt worden, und wir hätten ruhig zusehen 
dürfen. Die Lage ändert sich, wenn die ganze polnische 
Sache in Frage kommt. Ich fürchte, Ihr selbst habt vor- 
eilig diese Frage gestellt. Besorgt Ihr nicht, daß Eure 
Solidarität bei den Stimmungen des englischen und des
	        
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