1863 Gortschakoff's Umtriebe gegen Preußen. 515
macht zur Uberschreitung der Grenze gebe, außer Wirksamkeit
zu setzen. Das war ungefähr gleichbedeutend mit Suspen-
sion des ganzen Vertrags, da jene Vollmacht zur Grenz-
überschreitung die einzige Bestimmung desselben enthielt, für
die eine zweiseitige Abrede erforderlich war. Immerhin wurde
sofort der preußische Commandirende im Sinne von Oubril's
Begehren instruirt, und Oubril davon benachrichtigt. Zwei
Tage später folgte eine weitere Überraschung durch ein Tele-
gramm aus Warschau, daß Großfürst Constantin von Gor-
tschakoff Weisung erhalten habe, da Preußen wegen Pariser
Nachrichten trotz Alvensleben's Arrangement keine lberschrei-
tung der Grenze wünsche, die entsprechenden Befehle an die
russischen Generale zu erlassen. Bismarck war nicht wenig
erstaunt, daß hier der Wunsch auf Suspension oder Auf-
hebung der Convention Preußen zugeschoben wurde. Jedes-
falls aber war hiemit der Convention jede praktische Bedeutung
entzogen, und Bismarck nahm darauf keinen Anstand, in
Oubril's Gegenwart dem englischen Gesandten zu erklären,
die Convention werde fortan ein todter Buchstabe bleiben.
Gleich nachher stellte sich jedoch heraus, daß dies ganze Ge-
treibe hinter dem Rücken des Kaisers durch Gortschakoff ver-
anlaßt worden war. Alexander erfuhr davon erst durch
Gortschakoff's unwahre Meldung, daß Preußen die Aufhebung
der Convention begehre, und wurde dadurch in lebhafte Be-
wegung versetzt. Am 25. Februar empfing er den preußischen
Militärbevollmächtigten, Herrn von Loen, und fragte ihn
ganz erregt: „wissen Sie, was geschehen? wenn Militärs
mit einander verhandeln, geht immer Alles gut; wenn sich
aber die Diplomaten hinein mischen, geschehen lauter Dumm-
heiten. Ich habe mit Freuden auf den Wunsch des Königs
33•