Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

516 Preußen und Rußland. 1863 
die Convention beschlossen; jetzt höre ich, daß Preußen aus 
Gründen seiner innern und äußern Politik die Aufhebung 
derselben begehrt; ich bin sofort auch dazu bereit, obgleich ich 
nicht absehe, was Frankreich die Convention angehen kann. 
Oder hat man etwa in Berlin geglaubt, Rußland wünsche 
von derselben zurückzutreten? freilich bedürfen wir sie bei dem 
besseren Stande der Dinge in Polen nicht mehr, aber an 
einen Rücktritt habe ich gar nicht gedacht, obgleich ich, wie 
gesagt, auch dazu bereit bin, wenn ich damit Preußen Ver- 
legenheiten ersparen kann. Hat Oubril etwas Anderes gesagt, 
so werde ich ihn desavouiren.“ Loen bat seine Regierung 
telegraphisch um Instruction, und erhielt am 28, den Bescheid, 
daß dem preußischen Cabinet die Aufhebung der Convention 
zwecklos erscheine; es sei dem Auslande gegenüber richtiger, 
zu sagen, daß sie bisher noch unvollendet geblieben, 
durch Mangel der nöthigen Ausführungsbestimmungen. Am 
folgenden Tage empfing ihn der Kaiser wieder mit der Frage: 
also Preußen wünscht die Aufhebung der Convention? — 
war aber freudig überrascht, als Loen ihm Bismarck's De- 
pesche vorlas, und sprach im vollen Ergusse seine Genug- 
thuung über die Aufklärung des Mißverständnisses und den 
Entschluß zu festem Zusammenhalten aus. 
Gortschakoff's Intrigue war damit in ihrem Hauptzweck, 
der Auflockerung der vertrauten Beziehungen zwischen den 
beiden Souveränen, abgewehrt. Mit andern Beschwernissen 
aber hatte zu gleicher Zeit Bismarck im Innern zu kämpfen, 
mit der feindseligen Stimmung des Hauses der Abgeordneten, 
welches auch die polnische Sache in den Bereich seiner Ver- 
handlungen zog. Seit dem Schlusse der letzten Session hatte 
die Ansicht, daß die Fortführung einer Verwaltung ohne
	        
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