Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1863 Englands diplomatische Schritte zu Gunsten Polens. 521 
Armeecorps mobil gemacht; jetzt erfolgte der Befehl, die 
ganze Armee auf Kriegsfuß zu setzen und die Petersburg 
deckende Seefestung Kronstadt zu armiren. Zugleich gingen 
ansehnliche Verstärkungen nach Polen, welchen dann in die 
bisherigen Stellungen aus dem Innern nicht geringere Streit- 
kräfte nachrückten. Rußland sah sich vor, jeder aus dem 
Westen kommenden Feindseligkeit fest gewappnet Stand zu 
halten. 
Wohl hatte das russische Cabinet Anlaß zu solchen Vor- 
kehrungen. England war zwar sehr entschlossen, wegen Polens 
nicht selbst Rußland den Krieg zu erklären, freute sich aber 
von Herzen jeder dem orientalischen Rivalen erwachsenden 
Verlegenheit, und strengte alle Kräfte an, die übrigen Groß- 
mächte zum Anschluß an sein Thema zu bringen, daß Ruß- 
land die Bedingungen, unter welchen ihm 1815 der Wiener 
Congreß das Königreich Polen zugetheilt, nicht erfüllk, sondern 
die damals verheißene und eingeführte Constitution 1831 
wieder aufgehoben habe, daß es folglich durch einen Spruch 
Europas zur Erfüllung seiner Pflicht anzuhalten oder aus 
dem verwirkten Besitze auszuweisen sei. Vom rechtlichen 
Standpunkte aus betrachtet, war diese Argumentation in 
doppelter Hinsicht anfechtbar, sowohl in Bezug auf den In- 
halt der Anklage, als auf die Legitimation des Klägers. 
Denn 1815 hatten Rußland und Osterreich durch Vertrag 
vom 3. Mai sich zugesagt, ihren polnischen Unterthanen eine 
Repräsentation und nationale Institutionen zu verleihen, 
geregelt nach Art der politischen Existenz, deren Bewilligung 
ihre Regierung nützlich und angemessen erachten wird. Es 
war also die Verheißung einer Repräsentation keincswegs 
mit der Zusage einer parlamentarischen Verfassung gleich-
	        
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