Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1863 Ssterreichs Bedenken. 525 
guten Eindrücke wieder aus. Preußen hatte für den Zoll- 
verein einen Handelsvertrag mit Belgien nach denselben 
liberalen Grundsätzen wie den französischen, abgeschlossen. Es 
war eine neue Erschwerung für die von Osterreich begehrte 
Zolleinigung, und in Wien war der Zorn darüber gewaltig. 
Vergebens erläuterte Bismarck, der Gegensatz des handels- 
politischen Systems sei kein Hinderniß politischer Freundschaft, 
wie Preußens Verhältniß zu Rußland und Mecklenburg zeige. 
Rechberg blieb dabei, es sei unmöglich, beides zu trennen, 
und als Bismarck gegen Karolyi wieder einmal erwähnte, es 
liege im Interesse des Friedens, in Bundessachen von An- 
trägen abzusehen, welche einstimmige Beschlußnahme erfor- 
derten, entgegnete Rechberg ganz entschieden, die Bundesreform 
sei unerläßlich, da sie, wenn nicht durch die Regierungen, 
dann sicher durch die Revolution herbeigeführt würde. Auch 
in der polnischen Sache, erklärte er, ist für uns eine nähere 
Einigung mit Preußen erst dann möglich, wenn eine Ver- 
ständigung über die Zolleinigung und die Bundesreform vor- 
ausgegangen ist ½). 
So war der Gegensatz gegen Preußen wieder in voller 
Schärfe vorhanden, und es mußte demnach die Anknüpfung 
freundlicher Beziehungen mit Frankreich doch recht wünschens- 
werth erscheinen, zumal England Tag für Tag seine darauf 
zielenden Mahnungen wiederholte. Dazu kam die Räücksicht 
einerseits auf die russenfeindliche liberale Mehrheit des bevor- 
stehenden Reichstags, andrerseits auf den Grimm der klerikalen 
Partei über die russischen Maaßregeln gegen den rebellischen 
polnischen Klerus. Unter diesen Einflüssen begann Rechberg 
allmählich auf die französische Seite hinüber zu lenken; er 
1) Werther, 4. April, 10. Mai.
	        
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