Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1863 Vermittlungsversuch Preußens in Wien. 533 
am längern Hebelarme sitzen. Der König, dessen 
persönliches Gefühl sich stets gegen einen Bruch mit Oster= 
reich sträubte, war auch hier für Erhaltung des Friedens. 
Es galt also, vor Allem nach Alexander's Wunsch den Ver- 
such einer Einwirkung auf Österreich im Sinne der alten 
Bundesfreundschaft zu machen. In einer nach Wien gerichteten 
Depesche entwickelte Bismarck am 9. Juni den Gedanken, wie 
sehr die augenblickliche Situation günstige Momente für eine 
Annäherung und Verständigung zwischen Preußen und den 
Cabinetten von Wien und Petersburg darbiete; er wies nach, 
auf welche Weise eine solche Verständigung zwischen den drei 
Theilungsmächten zugleich auch die Grundlage zu einer all- 
gemeinen Lösung der Krisis werden könnte. 
Aber die Antwort, welche Baron Werther schon am 
11. Juni aus Wien absandte, fiel wenig genügend aus. Wohl 
hatte Rechberg den preußischen Wunsch auf Annäherung freudig 
begrüßt, den Vorschlag aber einer Verständigung zu Dreien 
gar nicht einmal erwähnt, sondern sich mit der Erklärung 
begnügt, einen besonders schlimmen Punkt der französischen 
Begehren sich nicht aneignen zu wollen. Was Bismarck sonst 
crörtert hatte, sei unthunlich, da das französische Cabinet 
cinen gleichen Wiener Antrag bereits abgelehnt habe. Bei 
aller Freundlichkeit also doch kein Gedanke an eine Lösung 
von den Westmächten und an ein Herübertreten auf die russisch- 
preußische Seite. Die Möglichkeit des von Alexander vor- 
hergesehenen Conflictes war mithin nicht beseitigt: es galt 
jetzt, dem Zaren die Abneigung Preußens gegen den kriege- 
rischen Bruch mit Osterreich ohne Verletzung seines erregten 
Gefühles anschaulich zu machen. 
Den Entwurf zu dem hiefür bestimmten königlichen
	        
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