Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1863 Wiederholte Zurückweisung durch Rußland. 539 
abschneidenden Sätzen vollen Ausdruck, während das Schreiben 
nach Wien sich überall in freundlich entgegenkommenden 
Worten bewegte, und die Verhandlung zu Dreien jetzt amtlich 
in Vorschlag brachte. Am 12. Juli schickte Alexander Ab- 
schrift dieser Documente an König Wilhelm, mit einem eigen- 
händigen Briefe, in welchem er seine Freude über die günstige 
Wendung in Wien aussprach, Preußens Gründe für seine 
reservirte Haltung anerkannte, jedoch die Möglichkeit einer 
preußischen Neutralität bei einem französischem Angriff auf 
Rußland in Abrede stellte, übrigens aber mit ziemlich kühlem 
Tone papierne Garantien für seine polnischen Lande als ganz 
werthlos, und eine Garantie für Venetien als außerhalb des 
russischen Interessenkreises liegend ablehnte. Am 13. Juli 
gingen darauf die drei Antwortnoten an ihre Bestimmung 
ab, nachdem Gortschakoff schon Tags zuvor dem Grafen 
Rechberg den Inhalt der an ihn gerichteten telegraphisch mit- 
getheilt hatte. 
Hier aber stand dem russischen Cabinet eine bittere 
Überraschung bevor. Es stellte sich heraus, daß Herr von 
Balabin sich in einem geradezu unerklärlichen Mißverständniß 
befunden hatte. Nicht im Traume und nicht im Wachen hatte 
Graf Rechberg an eine Verhandlung zu Dreien gedacht. 
Gleich am 14. wies er durch Telegramm den Vorschlag als 
der Würde des mit den Westmächten verbundenen Osterreich 
widersprechend, kategorisch zurück. Am 19. Juli, nach dem 
Empfang der officiellen Note, folgte eine weitere Erörterung 
in noch herberem Tonc, worin der Vorschlag beinahe als 
eine Beleidigung für Osterreich behandelt und diese Auffassung 
den Westmächten mitgetheilt wurde: man war in Wien damals 
beschäftigt, große deutsche Pläne in das Werk zu setzen, und
	        
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