Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

546 Der Frankfurter Fürstentag. 1863 
bedenklich. Denn die Fürsten könnten bis dahin sich auf 
eine so wichtige Entscheidung nicht gründlich vorbereiten, und 
auch nach einer längeren Bedenkzeit scheine die nothwendige 
Erwägung bei der Arbeitsfähigkeit eines so gestellten Colle- 
giums unmöglich. Es sei also eine vorbereitende Erörterung 
des Entwurfs durch eine Ministerconferenz vorzuziehen, deren 
Ergebnisse dann durch eine Fürstenversammlung sanctionirt 
werden könnten. Bei der Beschaffenheit vieler deutscher 
Kammern sei es wahrscheinlich, daß ihre Delegationen sich 
nicht mit der berathenden Stimme begnügen, sondern sogleich 
weitere Attributionen begehren würden, so daß von Anfang 
an die Übereinstimmung gestört wäre. Vermittelst eines con- 
servativen Wahlgesetzes seien von directer Volkswahl günstigere 
Resultate zu hoffen. Für das Bundesdirectorium würde die 
Bestellung der drei Mitglieder neben Preußen und Osterreich 
große Schwierigkeiten machen; die Zusammensetzung des 
Directoriums würde wesentlich durch den Umfang seiner 
Attributionen bedingt; je größer seine Macht, desto schwie- 
riger würde die Zustimmung der nicht dabei betheiligten 
Staaten zu erlangen sein. Schließlich gebe er zu bedenken, 
welchen Eindruck es machen müßte, wenn der Fürstencongreß 
unverrichteter Sache auseinander ginge; ein größerer Dienst 
könne der Revolution nicht erwiesen werden, um so noth- 
wendiger sei eine den Erfolg sichernde Vorbereitung der 
Maaßregel. 
Wie man sieht, vermied der König eine kategorische Ab- 
lehnung. Unter den hier angeführten Voraussetzungen war 
ihm das Bild einer feierlichen Vereinigung der deutschen 
Fürsten für den großen nationalen Zweck eher erfreulich als 
bedenklich.
	        
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