Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

46 Olmützer Punctation. 1850 
seiner Ostgrenze ein Observationscorps von 40000 Mann zu- 
sammen, und seine Zeitungen erklärten, daß Frankreich weder 
eine österreichische Vormundschaft über Italien, noch die Ent- 
faltung des russisch-österreichischen Ehrgeizes über Deutschland 
gestatten würde. Was sollte daraus werden, wenn diese 
Drohungen sich verwirklichten? wenn die preußische Kriegs- 
partei sich auf solchen Beistand stützen konnte? 
Alle diese Fragen kamen am 20. November in einem 
vom Könige präsidirten Ministerrath zur Sprache. Zuerst 
genehmigte der Monarch den Entwurf der Thronrede für die 
bevorstehende Eröffnung der Kammern. Derselbe war, was 
die deutschen Verhältnisse betraf, ganz in Ladenberg's Sinne 
gedacht. Der König werde den Unionsgedanken wieder auf- 
nehmen, sobald die Gesammtverfassung Deutschlands neu ge- 
ordnet sei; in dieser müsse Preußen eine bessere Stellung 
erhalten; in der kurhessischen Sache hätten Preußens Ein- 
wendungen noch nicht die gebührende Rücksicht gefunden; bis 
dahin bleiben wir in starker Rüstung unter den Waffen. 
Solche Worte mußten aller Welt als cin offen kriegerisches 
Symptom erscheinen. Was dann Braunschweig betraf, so 
war der König sehr erfreut über diesen kecken Einspruch gegen 
die Anmaaßung des sogenannten Bundestags; eine Depesche 
nach Wien wurde beschlossen mit der Erklärung, daß der Herzog 
zur Verweigerung des Durchmarsches völlig berechtigt, und 
demnach von Preußen zu schützen sei; übrigens gebe es ein 
einfaches Mittel zum Ausgleich der Schwierigkeit, nämlich 
Aufschub der holsteiner Execution, bis die freie Conferenz 
die ganze Sache definitiv geordnet hätte. 
Der König bemerkte hiebei seinen Ministern, daß er da- 
mit die Widersetzlichkeit der Holsteiner gegen ihren König-
	        
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