550 Der Frankfurter Fürstentag. 1863
jugendlichen Herrschers, der, wie man meinte, sich im Kreise
der deutschen Fürsten die Krone des neuen Reiches auf das
Haupt drücken würde. Frankfurt war seit langer Zeit gut
österreichisch durch den Einfluß des Bundestags, die Thätig-
keit der österreichischen Preßorgane und die Liebenswürdigkeit
der österreichischen Officiere, vielleicht auch durch die Menge
österreichischer Staatsschuldscheine in den Cassen der Bürger-
schaft. Die Erwartung war auf das Höchste gespannt; schon
am 14. und 15. August war man in unaufhörlicher Be-
wegung; Könige und Fürsten langten an, mit Geschützsalven,
Glockengeläute und Senatsdeputationen bewillkommnet. In
der That, sie kamen Alle, außer Lippe, Anhalt-Bernburg und
Holstein; der König von Preußen, war der allgemeine Glaube,
würde sich auch noch zum Guten besinnen. Endlich am
16. Abends erschien in stattlichem Aufzug das Haupt des
Festes, Kaiser Franz Joseph. Alle Straßen waren geschmückt;
eine zahllose Menschenmenge begleitete die kaiserliche Auffahrt
mit nicht verhallenden Jubelrufen; der städtische Senat in
seiner Gesammtheit brachte ihm die Empfangsbegrüßung ent-
gegen. Kaiser Friedrich Rothbart, aus der Gruft des Kyff-
häusers hervorsteigend, hätte nicht mit geräuschvollerer Be-
geisterung aufgenommen werden können.
Auch bei den versammelten Fürsten verfehlte der lärmende
Aufschwung der Volksstimmung seinen Eindruck nicht. Mancher
unter ihnen beschaute am 16. August den bis dahin unbekannt
gebliebenen Verfassungsentwurf, über den er bereits morgen
in Berathung treten sollte, mit beklommenem Herzen: aber
das ebenso ruhige wie feste Auftreten des Kaisers imponirte
Allen, da es ihnen, den noch Unentschlossenen, stets das Ge-
fühl der Überlegenheit eines sichern und wohlerwogenen