1863 Preußische Kritit des Beschlusses. 559
Osterreich das Recht des Veto gegen die Erklärung eines
Bundeskrieges, da Preußen als europäische Großmacht seine
auswärtige Politik nicht unbedingt in den Dienst des Bundes
stellen könne, und überdies mehr Einwohner habe, als die
Mittel= und Kleinstaaten zusammen, die im Bundestag durch
Stimmenmehrheit eine Kriegserklärung jeder Zeit zu hindern
vermöchten. Zweitens fordere Preußen volle Gleichstellung im
Bunde mit Osterreich, also Wechsel im Präsidium der obersten
Bundesbehörden; die historische Entwicklung habe beiden
Staaten eine gleiche Machtstellung in Europa gegeben, und
im Bunde zähle Preußen mehr Einwohner als Österreich.
Drittens könne Preußen in eine Erweiterung der Bundes-
zwecke, und damit in eine Beschränkung seiner Unabhängigkeit
nur dann willigen, wenn ihm eine Garantie geboten würde,
daß dieses Opfer den Gesammtinteressen der deutschen Nation
und nicht andern Particularinteressen zu Gute komme: eine
solche Garantie erkenne aber Preußen nur in einem aus
directen Volkswahlen hervorgegangenen deutschen Parlament,
während die vorgeschlagene Delegirten-Versammlung gerade im
Gegentheil eine Vertretung des Sonderthums darstellen würde.
König Wilhelm sprach sofort sein Einverständniß mit
diesem Berichte aus, und richtete am 22. September unter
Beifügung desselben gleichlautende Schreiben an sämmtliche
Mitglieder der Frankfurter Majorität, womit dann jede
Hoffnung auf eine Verständigung abgeschnitten war.
Ein charakteristisches Zwischenspiel mag hier eingeschaltet
werden.
Lord John Russell, stets wohlmeinend, und stets von
dem Werthe seiner guten Meinung durchdrungen, konnte
auch bei dieser Angelegenheit es sich nicht versagen, der