Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

562 Der Frankfurter Fürstentag. 1863 
England zurück. Mitten in dem Verdrusse darüber empfing 
der Kaiser die Kunde von der Wiener Reformacte, die mit 
ihrem Directorium ihm als der erste Schritt zu dem Siebenzig- 
Millionen-Reiche, und mit ihrem achten Artikel als eine 
deutsche Garantie Venetiens erscheinen mußte. Er war ent- 
rüstet im Grunde des Herzens. Wenn Rechberg gehofft 
hatte, durch die Theilnahme an den polnischen Noten seine 
Gunst für den Frankfurter Fürstentag zu gewinnen, so war 
davon das genaue Gegentheil eingetreten: man habe ihn, 
fand Napoleon, zuerst heimtückisch mit Rußland verhetzt, um 
dann unter allen deutschen Verfassungsformen die ihm wider- 
wärtigste bequem in's Werk setzen zu können. Auf der Stelle 
wandte er sich wieder Preußen zu. Diese unglückliche pol- 
nische Frage, sagte er dem Grafen Goltz, hat uns nicht in 
Streit gebracht, das ist nie geschehen, aber unsere Beziehungen 
erkältet; cs ist unser einziger Differenzpunkt; ich gäbe viel 
darum, wenn man ihn aus der Welt schaffen könnte; Preußen 
wäre in der Lage, erfolgreich dafür zu wirken. Drouyn de 
Lhuys secundirte seinem Herrn: es wärc, erklärte er dem 
Gesandten, der lebhafte Wunsch des Kaisers, mit Preußen 
gemeinsam etwas zu thun. Bismarck antwortete umgehend 
am 5. September mit dem Ausdrucke der Freude über die 
Herstellung freundlicher Verhältnisse, und der Bereitwilligkeit, 
in Petersburg vermittelnd zu wirken. Ehe er aber einen 
solchen Schritt zu thun vermochte, erschien am 9. September 
Gortschakoff's Antwort auf die Noten vom 3. und 12. August, 
und zwar die wenig höfliche Erklärung, daß Rußland eine 
nutzlose Verhandlung nicht weiter fortzusetzen gedenke. Dies 
fachte natürlich in Paris neue Kriegsgedanken an, da auf 
solche Art eine Macht wie Frankreich sich nicht abführen
	        
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