Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

10 Vorbereitung des Reichstags. 1866 
zu verständigen, seine bisherigen Unterthanen ihres Eides 
entbunden und sich aus Stettin auf seine böhmischen Güter 
zurückgezogen. Bald nachher behauptete man in der Umgebung 
des Königs von Hannover, daß der Kurfürst Agenten unter- 
halte, welche die Soldaten zur Meuterei gegen die neue 
Herrschaft verleiten sollten: wenn es, was nicht gkaublich 
scheint, geschehn ist, so hat es schlechterdings keine Wirkung 
gehabt. 
In Schleswig-Holstein dauerte der Zustand fort, wie 
wir ihn beim Anfange des Krieges kennen gelernt haben. 
Das Land lag äußerlich in tiefer Ruhe, als wenn es seit 
Jahrhunderten zur preußischen Krone gehört hätte. Etwa 
ein Drittel der Einwohner kam der Verbindung mit Preußen 
entweder freudig oder doch nicht widerwillig entgegen; die 
große Mehrheit aber hielt mit der dem Volksstamme eigen- 
thümlichen Zähigkeit an ihren Gefühlen für Augustenburg in 
schweigendem Grolle fest, auch nachdem der Erbprinz durch 
eine Proklamation vom 2. Januar 1867 seine Getreuen von 
allen ihm dargebrachten Gelöbnissen freigesprochen hatte. 
Diese Stimmung war namentlich unter den Beamten so ver- 
breitet, daß der Oberpräsident, wie einst General Manteuffel, 
sich veranlaßt fand, zu seinen nächsten Berathern Männer 
zu berufen, welche einst unter der dänischen Herrschaft einfluß- 
reiche Amter bekleidet hatten, jetzt aber bereitwillig sich allen 
Anforderungen des preußischen Dienstes unterzogen. Andrer- 
seits erhob sich lauter Widerstand in den Grenzbezirken Nord- 
schleswigs. Sie hatten gegenüber den Eiderdänen treu und 
fest zu Schleswig-Holstein gehalten, so lange die Herzog- 
thümer mit Dänemark verbunden blieben: seit dem Wiener 
Vertrage aber richteten sie ihre Blicke sehnsüchtig nach Kopen-
	        
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