Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

12 Vorbereitung des Reichstags. 1866 
Senatoren und Bürgern, dabei aber auch das Gefühl der 
völligen Ohnmacht um so entschiedener, als die niederen 
Classen, Beisassen, Gesellen, Bauern, wenngleich nicht preußisch, 
doch auch nicht altfrankfurtisch gesinnt waren. So sah man 
in düsterer Hoffnungslosigkeit der Zukunft entgegen. 
Nicht so unthätig meinten in dem größten der annectirten 
Länder, in Hannover, die unzufriedenen Elemente den neuen 
Zustand zu ertragen. Es lag in der Natur der Dinge, daß, 
je bedeutender der alte Staat gewesen, desto stärker sich auch 
das Bewußtsein der politischen Eigenartigkeit in den Gemüthern 
geltend machte. Für die Annexion hätte außer Ostfriesland, 
wo man des Wohlstandes unter Friedrich dem Großen und 
der durch Georg V. erlittenen Mißhandlungen gedachte, nur 
eine verschwindende Minderheit freiwillig gestimmt. Trotzdem 
aber nahm ein ansehnlicher Theil der Bevölkerung, welcher 
noch beim Ausbruch des Krieges den König dringend zum 
Anschluß an Preußen und den neuen deutschen Bund unter 
Beschränkung seiner Kronrechte aufgefordert hatte, die voll- 
endete Thatsache nicht bloß resignirt, sondern freudig hin, 
als Grundlage für die heranreifende deutsche Einheit, und 
bestrebte sich zugleich wie in Kurhessen, von dem heimischen 
Staatswesen jede den Verhältnissen nützliche Einrichtung 
fortan als provinziale Besonderheit zu bewahren. Am 
1. Oktober bat eine zahlreiche Notabeln-Versammlung das 
preußische Ministerium, bei der Ordnung der dortigen Ver- 
hältnisse außer den Beamten auch eine Anzahl von Vertrauens- 
männern zu hören; sie erklärte, daß die Verblendung der 
frühern Regierung die Annexion unvermeidlich gemacht habe, 
und trug dann eine Reihe von Wünschen für die Zukunft 
des Landes vor, Erhaltung der Städte= und Landgemeinde-
	        
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