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V. Die hauptstreitpunkte in den Der-
handlungen über den sächsischen Schul-
gesetzentwurf.
Einen lehrreichen Überblick über die wichtigsten Kbweichungen
in den Anschauungen über die Dolksschule im engeren Sinne geben
die Anträge und Beschlüsse der Swischendeputation der zweiten und
ersten Kammer des sächsischen Landtages zu dem Entwurf eines
Dolksschulgesetzes vom 12. Januar 1912. FSür das wichtigste Gebiet der
Schulkämpfe der Gegenwart, die Beteiligung der Geistlichen an
der Leitung und Beaufsichtigung der Schule im allgemeinen und des
Religionsunterrichtes im besonderen können die sächsischen Derhand-
lungen allerdings nicht als typisch gelten. Hierfür eignen sich Staaten
wie Baden und bessen mit starken konfessionellen Minderheiten
besser als das fast ganz protestantische Sachsen, wo außerdem noch
die katholischen Interessen wegen der Jugehörigkeit des Königshauses
zu dieser Nonfession von allen Parteien mit einer starken Jurück-
haltung behandelt werden. Im übrigen aber können die Kiuträge
bei den Derhandlungen als Schulbeispiele für die Anschauungen hüben
und drüben gelten.
Die Regierungsvorlage war in ihren schulpolitischen und
insbesondere in den konfessionellen Partien konservativ, in allen
schultechnischen Bestimmungen dagegen liberal und mäßig fort-
schrittlich gehalten. So bot sich beiden Richtungen, den Nonserva-
tiven wie den Ciberalen, Gelegenheit zu Jzustimmung und Kb-
lehnung.
In der Zwischendeputation der zweiten Kammer hatten Na-
tionalliberale und Sortschrittler, oft verstärkt durch die Sozial=
demokratie, eine sichere Mehrheit. Sie konnten ihre Anschauungen
in den kinderungen und Ergänzungen der Vorlage in vollem Um-
fange zum Kusdruck bringen. Der sehr ausführliche Bericht (Berichte