In der Preußischen Marine 9
der doch nicht die ganze Zeit über im Dock bleiben könnte. Wie dem
sei, wir fuhren ungedockt Mitte Juli durch den Kanal zurück in der
Erwartung, von den Franzosen überfallen zu werden, wogegen wir
nur mit Erbsen gefüllte Übungsgeschosse an Bord und ein Schlagrohr
hatten, das bei jeder Gelegenheit einen Versager gab.
Am 16. Juli in Wilhelmshaven angelangt, wo die Mobilmachung
im vollen Gange war, konnten wir nicht in den Hafen einlaufen, weil
die Schleusen noch nicht fertig waren, blieben also auf der Reede. Die
Gefahren des docklosen Zustandes lähmten das Geschwader; jede Ver-
letzung des Schiffsbodens war unreparierbar und bedeutete Gefechts-
unfähigkeit. Wir haben nun auf der Außenjade eine harte Zeit erlebt.
Wir sollten eingesetzt werden, wenn Hamburg oder ein anderer Nord-
seeküstenort angegriffen würde. Wir sind aber auch zweimal in See
gegangen, einmal, um in Höhe der Doggerbank den beiden neuen
französischen Panzerschiffen, welche zur Verstärkung des französischen
Ostseegeschwaders ausgesandt waren, aufzulauern, das zweitemal, als
wir nach einem starken Sturm die französische Flotte zerstreut in Lee
von Helgoland vermuteten. Wir sind aber beidemal nicht zum Schlagen
gekommen. Die Armee hat es uns verübelt, daß wir nicht die ganze
französische Flotte angriffen, als sie auf dem Rückmarsch plötzlich vor
Wilhelmshaven erschien. Auch wir Jungen waren empört, daß wir
nicht losgingen, aber die Zurückhaltung war richtig. Wir standen drei
Panzerschiffe gegen acht, liefen nur zehn Knoten Geschwindigkeit, und
wenn auch der damalige Kapitän Werner in der „Gartenlaube“ mit
dem „König Wilhelm“ als stärkstem Schiff der Welt Reklame ge-
trieben hatte, so war denn doch eine dreifache Übermacht damit nicht
auszugleichen. Der Verlust unseres ganzen Bestandes war beim Feh-
len einer Ausbesserungsmöglichkeit zu erwarten, ohne eigentlichen Nutzen.
Für Nichtseeleute blieb auch schwer zu verstehen, weshalb wir nicht
wenigstens einen Ausfall wagten? Ein angefangenes Gefecht auf See
kann aber nicht abgebrochen werden, wenn der Feind schneller ist.
Jedenfalls wurde der Marine ihre Untätigkeit verdacht. So bekamen
wir nicht einmal Kriegsjahre angerechnet.
Wir hatten 1870 treffliche Lloyddampfer, die wir zum Kaperkrieg
hätten bewaffnen können. Wir hielten uns aber an unsere zu Anfang
des Krieges abgegebene Erklärung, daß wir nicht kapern wollten. Als
die Franzosen ihrerseits unsere Kauffahrer wegnahmen, änderten wir