Zweites Kapitel
Unter Stosch und Caprivi
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Von 1871 bis 1888 hat die Marine unter Landgenerälen gearbeitet.
Generalleutnant v. Stosch löste 1871 den Prinzen Adalbert im Ober-
befehl ab und übernahm gleichzeitig die Marineabteilung des Kriegs-
ministeriums. General v. Caprivi folgte ihm als Chef der Admi-
ralität von 1883 bis zum Beginn der Ara Wilhelms des Zweiten.
Als 1867 auf unsern Schiffen die schöne Flagge mit dem Adler
niederging und die mehr dem englischen Muster ähnelnde norddeutsche
Bundesflagge gehißt wurde, war uns Fähnrichen das Verschwinden
der preußischen Farben zwar schmerzlich, aber wir ahnten eine große
geschichtliche Wendung und leerten unser Glas mit widersprechenden
Gefühlen. Das Jahr 1871 drängte die preußische Erinnerung weiter
zurück, wir wurden kaiserliche Offiziere, und die Marine bekam die
schwarzweißrote Kokarde.
Mit den Hanseaten vertrugen wir von der Marine uns schon zu
einer Zeit, als sie noch preußenfeindlich waren und die Armee ab-
lehnten. Ich lag 1871 als Leutnant mit dem „Blitz“ auf dem Elb-
strom, wo Preußen 1866 gegen die Hamburger Annexionswünsche
ein Wachtschiff hingesetzt hatte. Der Posten blieb vergessen auf der
Grenze liegen; wir hatten auch kleine Stromaufgaben, Hafenpolizei;
im allgemeinen waren wir jedoch nur demonstrativ — und erfreuten
uns der Freundschaft Hamburgs, bis Stosch im Herbst 1872 heraus-
bekam, daß dort so ein Schmarotzer saß, und das Kommando auf-
löste. Der Hamburger Hafen, voll von Poesie — das Gewirr der
Segler lag am Kai entlang, Bassins waren noch nicht gebaut —
hatte noch ganz den Charakter des Einfuhrhafens. Die Schiffahrt
lag vorzugsweise in englischen Händen und man konnte durchspüren,
wie sehr der deutsche Haupthafen früher eine Agentur Englands ge-