Full text: Tirpitz, Erinnerungen. Volksausgabe.

198 Der Unterseeboots-Krieg 
bevorstehenden Sitzung erhielt, bei Admiral v. Müller anfragen lassen, 
ob der Kaiser mich zu den Besprechungen erwartete. Admiral v. Müller 
gab hierauf die Antwort: „Nein, Seine Mgjestät hat die Anwesen- 
heit des Herrn Staatssekretärs nicht befohlen.“ Der Reichskanzler, 
Falkenhayn, Holtzendorff waren anwesend. Der Ubootskrieg wurde 
gegen Falkenhayns Votum auf unbestimmte Zeit vertagt. Am 8. März 
habe ich mich erkrankt gemeldet und erhielt mit wendender Post 
telegraphisch angekündigt die Aufforderung, meinen Abschied einzu- 
reichen. Ich sandte darauf folgendes Gesuch ab: 
Berlin, den 12. März 1916. 
„Euerer Majestät habe ich mit vollen Kräften gedient, um das 
Lebenswerk Euerer Majestät zu fördern, dem deutschen Volk den 
Weg über die See und in die Welt zu weisen. 
In dem Entscheidungskampf gegen die Feinde, die uns diesen 
Weg der nationalen Entwicklung mit dem Schwert vertreten wollen, 
haben Euere Majestät meinem Rate nicht folgen können. 
Den Einfluß, den Euere Majestät mir wiederholt allergnädigst 
zugesichert hatten, habe ich bei den letzten großen Entscheidungen über 
die Anwendung unserer Seemacht nicht mehr ausüben können. 
Mein Amt, Euerer Majestät Regierung vor dem Volk in den 
Fragen der Seegeltung zu vertreten, vermag ich nicht mehr pflicht- 
mäßig zu versehen. Die schwere Sorge, das Lebenswerk Euerer Majestät 
und die nationale Zukunft Deutschlands auf dem betretenen Wege 
zusammenbrechen zu sehen, macht es mir klar, daß meine Dienste 
Euerer Majestät Regierung nicht mehr von Nutzen sein konnten. 
Meine frühere Bitte, mich von meinen Pflichten zu entheben, haben 
Euere Majestät nicht zu genehmigen geruht. 
Die Zermürbung meiner seelischen Kräfte durch die in letzter 
geit gesteigerten inneren Kämpfe, unter denen ich gestanden habe, 
machte es für mich jedoch unabweislich, Euerer Majestät zu melden, 
daß ich die Geschäfte des Staatssekretärs des Reichsmarineamts nicht 
mehr zu führen vermag. 
Nach Euerer Majestät allergnädigsten Entschließung darf ich nun- 
mehr alleruntertänigst bitten, mir den Abschied aus meinem Amt 
als Staatssekretär in Gnaden zu bewilligen.“
	        
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