Schlußwort
1
Das deutsche Volk hat die See nicht verstanden. In seiner Schicksals-
stunde hat es die Flotte nicht ausgenutzt. Ich kann ihr heute nur noch
das Totendenkmal setzen. Eine Tragödie ohnegleichen hat das deutsche
Volk in seinem raschen Aufstieg zum Weltvolk und seinem noch rasche-
ren Absinken durch zeitweilige Kleinheit seiner Politik und durch Mangel
an Nationalsinn erlebt.
Überblickt man das tragische Schicksal unserer Flotte, das von dem
unseres Volkes nicht zu trennen ist, so könnte man zu der Ansicht
kommen, daß jedweder Versuch eines europäischen Staates, sich gleich-
berechtigte Seegeltung neben England zu verschaffen, von vornherein
ein vergebliches Bemühen war. Ich glaube, daß eine eingehende und
gerechte Geschichte zu diesem Endurteil nicht kommen wird.
Spanien war im Besitz der damaligen Welt, als England aus einem
Ackerbauvolk sich im Kampfe gegen die spanische Silberflotte — West-
ward ho! — zu einem Piratenstaat entwickelte und schließlich die
große Armada vernichtete. Spanien konnte wohl militärisch erobern
und überseeische Kolonien eine Zeitlang halten, doch ihm fehlten Handel
und Wandel, die zweite Grundbedingung dauernder Seegeltung.
Holland hatte reichsten Handel und lockte damit die Begierde Eng-
lands. Es besaß auch eine gute Kriegsflotte, die einst unter de Ruyter
mit ihren auf London gerichteten Geschützen ihm einen gerechten Frie-
den erstritt. Holland war aber klein und hatte kein eigenes Hinter-
land. Deutschland lag zerrissen durch den Dreißigjährigen Krieg, wäh-
rend Ludwig XIV. den großen geschichtlichen Fehler beging, seinem
natürlichen Bundesgenossen Holland in den Rücken zu fallen. Aber
vielleicht hätten sich die Niederlande länger halten und die Zeit über-
brücken können, bis ihnen aus Deutschland ein neuer Bundesgenosse
erwuchs, wenn nicht die Mynheers von Amsterdam zu sehr auf Jahres-