zosen ließen sich's nicht nehmen, daß dieser neue Krieg der Koa—
lition ein himmelschreiendes Unrecht sei. Auch die Preußen traten
härter und schroffer auf als im vorigen Jahre. Gneisenau hoffte
die Armee Grouchys an der Oise von Paris abzuschneiden. Dies
gelang nicht; immerhin wurden die Truppen des Marschalls durch
die rastlose Verfolgung fast ebenso vollständig aufgelöst wie die
Besiegten von Belle-Alliancce. Der kühne Parteigänger Major
Frankenhausen ließ ihnen nirgends Ruhe, er bewährte wieder den
alten Ruhm der preußischen Reiterei, die sonst in diesem Kriege
wenig Gelegenheit zur Auszeichnung fand. In den Gefechten von
Compiêègne und Villers Cotterets leisteten die Franzosen nur schwäch-
lich Widerstand. Die Geschlagenen entkamen in aufgelösten Scharen
in die Hauptstadt, und mit ihnen gebot Davoust, der Oberbefehls-
haber von Paris, noch über 70 000 Mann; doch was war von
diesen mut= und zuchtlosen Haufen zu erwarten? Am 29. Juni
langte Blücher in Gonesse an, wenige Stunden nördlich von Paris;
der liebliche Kessel des Seinetales lag dicht vor seinen Bilicken.
Sein Heer hatte die 36 Meilen von dem belgischen Schlachtfelde
in 11 Tagen, nur mit einem Ruhetage, zurückgelegt.
Hier im Hauptquartier zu Gonesse kam ein böser Tag für
Gneisenau. Das zieht die Herzen so mächtig zu dem Bilde dieses
großen Deutschen hin, daß er in allem so einfach menschlich war
und darum auch einmal recht menschlich bitter und ungerecht werden
konnte. So widerfuhr es ihm heute. Er wußte, daß er der
eigentliche Feldherr dieses Krieges gewesen, daß der rettende Ge-
danke der Vereinigung der beiden Heere allein aus seinem Kopfe
entsprungen war; nun mußte er hören, wie die Verbündeten Wel-
lington als den ersten Helden priesen, diesen Briten, der wohl
auf dem Schlachtfelde hohe Umsicht und Ausdauer gezeigt, doch
bei, der Leitung des Feldzugs Fehler auf Fehler gehäuft hatte.
Eine tiefe Bitterkeit überkam ihn, wenn er sein ruhmlos verbor-
genes Wirken, alle die so lange schweigsam ertragenen Kränkungen
der letzten Jahre überdachte. Wie abenteuerlich hatte das Schicksal
mit ihm gespielt, von Kindesbeinen an! In Schilda, dem sächsi-
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