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mit rechtlicher Nothwendigkeit unmittelbar und, dem weggefallenen
gleich, an dessen Stelle zu treten hätte.!)
Ein solches Interregnum ist denkbar:
a) beim Aussterben eines regierenden Hauses ohne Thronerben
ausser ihm, d. h. beim Tode des letzten Sprossen eines Fürstenge-
schlechtes, wenn die Rechtsnormen des Staates nicht bestimmen,
wer in diesem Falle successionsberechtigt ist, oder falls sie eine solche
Person bezeichnen, wenn diese im Augenblicke des Todes des bis-
herigen Herrschers nicht vorhanden ist: mit anderen Worten, wenn
das regierende Haus ohne jeden lebenden oder erwarteten Successions-
berechtigten ausstirbt;
b) beim Verzicht des letzten Sprossen eines regierenden Hauses
auf die Krone, ohne dass ein Nachfolgeberechtigter vorhanden ist
oder erwartet wird, ebenso beim Verzicht aller lebenden Successions-
berechtigten;
ec) ferner dann, wenn der Monarch ohne Hinterlassung erbberechtigter
Descendenz, wohl aber mit Hinterlassung einer schwangeren
Wittwe oder einer Wittwe eines Agnaten stirbt, oder während der
Schwangerschaft einer solchen Frau, ohne dass Leibeserben vorhanden
sind, verzichtet. Denn die ungeborne Leibesfrucht ist nicht Subjekt
einer Staatsgewalt, weil sie kein Rechtssubjekt ist und für das Recht
nicht als etwas vorhandenes Gegenwärtiges, sondern höchstens als
etwas erwartetes Zukünftiges in Frage kommt. Ein Interregnum
wird in einem solchen Falle nur dann nicht eintreten, wenn die
Rechtsordnung des Staates den vorläufigen oder dauernden Ausschluss
des posthumus vom Thronerwerbe bestimmt: den vorläufigen dann,
wenn sie die Vorschrift enthält, dass bis zur Geburt des Embryo
und damit bis zur Entscheidung über sein Leben und sein Geschlecht
die Staatsgewalt einem Agnaten des verstorbenen oder verzichtenden
Monarchen zu eigenem Rechte zustehe, der also vorbehaltlich der Rechte
eines später zur Welt kommenden thronfähigen Kindes den Thron
1) Dass solche Fälle, wie sofort gezeigt werden soll, auch in der erblichen
Monarchie möglich sind, hat man früher häufig übersehen oder ausdrücklich geleugnet
oder aber nur in ganz beschränktem Umfange zugeben. Vgl. Pözt in Bluntschli und
Braters Staatswörterbuche VIII s. v. Regentschaft: „ein Zwischenreich, wie dies in der
Wahlmonarchie eintreten kann, wenn der Nachfolger nicht schon bei Lebzeiten des
Vorgängers bestimmt ist, lässt sich in der Erbmonarchie gar nicht denken“. —
VogEL, 2.2. 0.: eskann „in einem Erbreiche ein Interregnum nur höchst selten ein-
treten, nämlich nur bei einer Streitigkeit über die Erbfolge“. — BoIssoLın a. a. 0.
behauptet, in einer Erbmonarchie gebe es ein Interregnum nur, wenn nach dem
Ende einer Dynastie der Fürst erst nach einem bestimmten Zeitraume ersetzt werde.