IX. Die Zeit des Ringens nach Einheit und Fretheit. 117
118. BLismarch, Moltke, Noon.
1. Zu den Männern, die als getreue Helfer und Ratgeber Kaiser
Wilhelms I. die deutsche Einheit erringen halfen, gehören an erster
Stelle Fürst Otto von Bismarck, Graf Helmuth von Moltke und der
damalige Kriegsminister Albrecht von Norn. Ihre Namen werden
darum dem deutschen Volke unvergeßlich sein.
2. Bismarck wurde am 1. April 1815 im alten Schlosse zu Schön-
hausen in der Provinz Sachsen geboren. Mit dem Jahre 1862 beginut
sein bedeutfamster Lebensabschnitt; er wurde Ministerpräsident und
erlangte damit die höchste Würde, die nächst der königlichen im
preußischen Staate zu erlangen ist. Dieses Amt legte ihm aber so
schwere Pflichten auf, daß König Wilhelm einst sagte: „Ich sehe weit
genug von meinem Schlosse, um auf dem Platze davor Ihr Haupt
fallen zu sehen". Bismarck erwiderte: „Majestät, kann ich mir
denn einen schöneren Tod denken, als diesen oder auf dem Schlacht-
felde?" Bei den Kämpfen der Staatsmänner, die den Kriegen von
1864 und 1866 vorausgingen, hat sich Bismarcks Gewandtheit be-
sonders erprobt, so daß Preußen immer als Sieger aus diesen Kämpfen
hervorgehen konnte. Aus Dankbarkeit erhob ihn der König deshalb
1 ##in den erblichen Grafenstand. In dem 1866 geschaffenen Nord-
deutschen Bunde wurde Bismarck Bundeskanzler; als solcher hielt er
es für seine nächste Aufgabe, die weitere Einigung Deutschlands
auf friedlichem Wege erstreben zu helfen. Als diese Arbeit 1870 durch
den Krieg mit Frankreich unterbrochen wurde, begleitete er seinen
Herrn, verhandelte mit den französischen Staatsmännern über die
Friedensbedingungen und verkündete der. Welt vom Versailler Königs-
schlosse aus, daß Deutschland wieder ein Kaiserreich und König Wilhelm
von Preußen sein erster Kaiser geworden sei. Nach der Rückkehr
wurde Bi#smarck in den Fürstenstand erhoben und erhielt aus dem
Grundbesitze des Herzogtums Lauenburg den Sachsenwald mit Friedrichs-
ruhe zum Geschenk. In dem neu geschaffenen deutschen Reiche war
Bismarck erster Kanzler. Wie ein Wächter stand er auf der Zinne der
neuen deutschen Burg und hatte ein scharfes Auge auf alles, was
drinnen im Reiche und außen um dasselbe vorging. Und als uns
einst neidische Nachbarn durch Drohungen schrecken wollten, da sprach
er, daß es weit hinaus schallte: „Wir können durch Liebe und Wohl-
wollen leicht bestochen werden, aber durch Drohungen ganz gewiß
nicht. Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts auf der Welt“.
Hürnt Bismarck starb im Jahre 1898, betrauert vom ganzen deutschen
Volke. «
3. Moltke ist am 26. Oktober 1800 in dem mecklenburgischen
Städtchen Parchim geboren. Er wurde Offizier und zeigte große
Tüchtigkeit. Mit Vorliebe beschäftigte er sich mit dem Aufmarsche der
Armee und deren Führung im Kriege. Auf Moltkes Rat richtete
König Wilhelm im Jahre 1866 die volle Kraft Preußens gegen OÖstreich.