IX. Die Zeit des Ningens nach Einheit und Freiheit. 119
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119. König udwig lII. von Bayern.
1864—1886.
1. Als Jüngling von 19 Jahren kam Ludwig II. in die ver-
antwortungsvolle Stellung eines Königs. Er nahm sich seinen edlen
Vater zum Vorbilde und suchte gleich ihm des Volkes Wohlfahrt zu
fördern. Als echter Wittelsbacher fand die Kunst an ihm einen großen
Freund. Die Schlösser Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee
sind glänzende Zeugen seiner Thätigkeit. Um eine bessere Aus-
bildung der Volksschullehrer zu ermöglichen, rief er die Präpa-
randenschulen in's Leben. Ferner gründete er Realgymnasien und
errichtete in München die polytechnische Hochschule. Als aus An-
laß des Jubiläums der 700 jährigen Regierung der Wittelsbacher
in Bayern eine großartige Stiftung für Unterstützung von Ar-
beitern, Lehrlingen, Gesellen, Kunsthandwerkern u. a. gemacht wurde,
da schrieb König Ludwig die schönen Worte: „Indem wir der
aus Anlaß des Jubiläums der 700 jährigen Regierung unseres
Hauses errichteten, den Namen der Wittelsbacher tragenden Landes-
stiftung hiemit unsere landesherrliche Bestätigung erteilen, geben wir
uns der Erwartung hin, daß diese Stiftung in steter Mehrung ihrer
Mittel dem bayerischen Handwerke zu friedlichem Wertkampfe, zu
wachsender Blüte und zu sich steigerndem Wohlstande dauernde Quellen
der Förderung erschließen und so zum Nutzen und Frommen unseres
vielgeliebten Bayernlandes wirken werde“
2. In dem Kriege von 1866 stand Bayern auf der Seite
Östreichs. Trotz des für Bayern unglücklichen Ausganges dieses Krieges
hegte König Ludwig keinen Groll gegen den Sieger. Dies zeigte
sich glänzend bei der Kriegserklärung der Franzosen an Preußen.
Deutschlands Größe war der Zielpunkt seines Lebens, und deshalb
schloß er sich Preußen an, den anderen deutschen Fürsten ein leuchten-
des Beispiel gebend. Als ihm König Wilhelm von Preußen für
seinen Beistand dankte, da telegraphierte Ludwig zurück: „Mit Be-
geisterung werden meine Truppen an der Seite #ihrer ruhmgekrönten
Waffengenossen für deutsches Recht und deutsche Ehre den Kampf
aufnehmen. Möge er zum Wohle Deutschlands und zum Heile
Bayerns werden!“ Das bayerische Heer erwies sich dieser Worte
würdig. Unter der Leitung des prenßischen Kronprinzen Friedrich
Wilhelm und der bayerischen Generale Hartmann, von der Tann,
Bothmer u. a. kämpfte es mit Ruhm, und die Schlachten von
Weißenburg, Wörth, Bazeilles, Orleans, Coulmiers und Paris find
Ehrentage der bayerischen Truppen und ihrer Führer. Seine kern-
deutsche Gesinnung bekundete König Ludwig auch dadurch, daß er im
Namen der deutschen Fürsten und der freien Städte Deutschlands dem
Könige von Preußen die deutsche Kaiserkrone antrug. Seitdem
ist Bayern ein Glied des neuen deutschen Reiches, als dessen Mit-
begründer König Ludwig angesehen werden muß. Sein jäher Tod am
13. Juni 1886 wurde vom ganzen Lande aufs innigste beklagt.