Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

2. Abschn. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. (826.) 139 
nicht ohne Erfüllung entsprechender staatsbürgerlicher Pflichten in An— 
spruch genommen werden dürfen und daß, wer diese Pflichten nicht 
erfüllt, damit stillschweigend den Willen kundgibt, die staatsbürgerliche 
Gemeinschaft nicht weiter fortzusetzen. Nach der Begründung des 
Reg. Entw. muß ferner vom militärischen Standpunkt daran festgehalten 
werden, daß die gesetzlich allen Deutschen obliegende Wehrpflicht auch 
für die Auslandsdeuschen nicht nur auf dem Papiere steht. Nach den 
Berichten unserer Militärbehörden wie unserer diplomatischen und kon- 
sularischen Vertreter sind leider die Fälle nicht selten, in denen Auslands- 
deutsche sich ihren militärischen Verpflichtungen entziehen. Diese Elemente 
verloren vor 1914 ihre Reichsangehörigkeit durch den zehnjährigen 
Aufenthalt im Ausland, während sie ohne den neuen Verlustgrund 
dauernd im Besitze der Reichsangehörigkeit verbleiben würden. Nun 
drohen dem säumigen Wehrpflichtigen ohne die Ausbürgerung nur 
zwei Nachteile, nämlich die gerichtliche Strafe und die nachträgliche 
Einstellung. Diese Nachteile erscheinen aber nicht ausreichend. Denn 
einmal würden Deutsche, die sich dauernd im Ausland aufhalten, solche 
Maßnahmen in der Regel überhaupt nicht zu fürchten haben. Sodann 
ist die Strafe aus Gründen, die teils in den Verhältnissen, teils im 
Gesetze liegen, zu gering, um gegenüber den Lasten, die der Heeresdienst 
mit sich bringt, entscheidend ins Gewicht zu fallen. Die drohende Ein- 
stellung aber wirkt nur vorübergehend, nämlich keinesfalls über das 
fünfundvierzigste Lebensjahr, das Ende des wehrpflichtigen Alters hinaus 
und auch abgesehen hiervon nur so lange, als der Wehrpflichtige nach 
seiner körperlichen Beschaffenheit zu befürchten hat, noch tauglich zum 
Militärdienst befunden zu werden. Da dies bei Beginn der dreißiger 
Jahre häufig nicht mehr der Fall ist, würden junge Leute die nach- 
trägliche Einstellung dadurch umgehen können, daß sie sich möglichst 
lange zurückstellen lassen und sich dann bis zu einem Alter, wo sie sich 
nicht mehr tauglich glauben, im Ausland, oft sogar in unseren Nachbar- 
ländern aufhalten. Solche Beispiele würden zur Nachahmung reizen 
und die Zahl derer, die sich dem Heeresdienst entziehen, erheblich ver- 
mehren, besonders in Zeiten, wo infolge drohender Kriegsgefahr sich 
eine größere Neigung zur Auswanderung einstellen könnte. Unter 
diesen Umständen erfordert es schon die Folgerichtigkeit unserer Militär- 
gesetzgebung, auf der Deutschlands Größe wesentlich beruht, daß dieser 
Gesetzgebung der erforderliche Nachdruck verliehen wird, mit anderen 
Worten, daß die Ausbürgerung die notwendige Folge der Nichterfüllung 
der Wehrpflicht bildet.
	        
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