2. Abschn. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. (8 6.) 61
2. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Frau
setzt voraus, daß der Mann zur Zeit der Eheschließung Deutscher war.
Hatte er etwa die Staats- oder die unmittelbare Reichsangehörigkeit
vor der Eheschließung verloren, so kann die Frau auch nicht als „ehe—
malige Deutsche“ im Sinne der §§ 13 und 21 des R. u. StGes. gelten.
3. Daß die Frau die Staatsangehörigkeit des Mannes erwirbt, ist
zwingende Vorschrift. Der Erwerb ist vom Willen der Beteiligten un-
abhängig und kann nicht ausgeschlossen werden. Hiergegen sind im
Reichstag mehrfach Bedenken erhoben worden, die in verschiedenen An-
trägen Ausdruck fanden. Es wurde beantragt, den §6 völlig zu streichen
oder den Staatsangehörigkeitserwerb bei der Eheschließung von einem
Antrage der Frau abhängig zu machen oder ihr wenigstens das Recht
einzuräumen, auf den Erwerb der Staatsangehörigkeit ihres Mannes
zu verzichten. Die Begründungen forderten für die Frau das Recht
der freien Wahl ihrer Staatsangehörigkeit mit dem Hinweise, daß Ge-
fühle der Anhänglichkeit, wirtschaftliche und kulturelle Rücksichten, die
Wahrung des Aufenthaltsrechts u. dgl. die Frau bestimmen könnten,
ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit beizubehalten. Die verbündeten
Regierungen vertraten den Standpunkt, es sei ein Grundsatz der ge-
samten Kulturwelt, daß die Frau die Staatsangehörigkeit des Mannes
teile. Gründe des innerstaatlichen, wie des Völkerrechts sprächen gegen
eine Verschiedenheit der Staatsangehörigkeit von Ehegatten. Auch könne
der Zweck der Anträge, der Frau ihre frühere Staatsangehörigkeit zu
erhalten, durch das deutsche Gesetz gar nicht verwirklicht werden, wenn
beispielsweise nach dem Rechte des ausländischen Heimatstaats die Frau
durch Verehelichung die Staatsangehörigkeit verliere. Aus letzterem
Grunde vermag freilich § 6 des R. u. St Ges. auch in der geltenden
Fassung nicht, völkerrechtliche Schwierigkeiten auszuschalten; denn die
Ausländerin, die durch Verehelichung Deutsche wird, bleibt zugleich
Staatsangehörige ihres Heimatstaats, wenn sie nach dem Rechte dieses
Staats durch die Eheschließung die Staatsangehörigkeit nicht verliert.
Kinder der Frau aus früheren Ehen oder uneheliche Kinder nehmen
am Erwerb der Staatsangehörigkeit ihrer Mutter nicht teil, es sei denn,
daß sie durch die Ehe legitimiert werden (vgl. hierüber § 5 R. u. St Ges.,
Reger Bd. 11 S. 418).
4. Besitzt der Mann zur Zeit der Eheschließung die Staatsangehörig-
keit in mehreren Bundesstaaten, so erwirbt die Frau gleichfalls die
mehrfache Staatsangehörigkeit. Die unmittelbare Reichsangehörigkeit ist
der Staatsangehörigkeit gleichgestellt (§ 35 des R. u. St Ges.).