Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

2. Abschn. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. (§ 7.) 63 
angehörigkeit verliehen werden, weil seine Rechte als Staatsangehöriger 
jene des Reichsangehörigen ohnehin in sich schließen und eine Reichs- 
angehörigkeit mit Sonderrechten für ein einzelnes Schutzgebiet nicht 
besteht. 
5. Der Begriff der Niederlassung ist hier ebenso auszulegen wie 
nach §7 des B. u. StGes. (s. oben S. 2). Er knüpft an rein tatsächliche 
Merkmale an und ist weitergehend als der privatrechtliche Begriff des 
Wohnsitzes (vgl. §§ 7 ff. BGB.). Als Niederlassung gilt der Besitz einer 
eigenen Wohnung oder eines Unterkommens in dem betreffenden Staats- 
gebiet verbunden mit der erkennbaren Absicht, dortselbst Aufenthalt zu 
nehmen. Unter Wohnung ist die rechtmäßige Innehabung von Räumen 
zu verstehen, in denen der Antragsteller nach Lage seiner persönlichen 
Verhältnisse wohnen kann. Wer keine Wohnung besitzt, kann immerhin 
ein Unterkommen, z. B. eine Schlafstelle, haben. Unterkommen ist hier 
etwa gleichbedeutend mit einem Obdach, in dem sich der Antragsteller 
freiwillig und auf Grund eigener Berechtigung, d. h. zufolge Miete, 
lberlassung durch den Arbeitgeber als Bestandteil der Entlohnung u. dgl., 
aufhält. Der Besitz eines Unterkommens im wirtschaftlichen Sinne, 
nämlich der Grundlage für die Gewinnung des Unterhalts (Geschäft, 
Grundbesitz, Anstellung, Verdienst usw.) fällt nicht unter den Begriff 
der Niederlassung, ist aber von Bedeutung bei Prüfung der Frage, ob 
die Voraussetzungen der §§ 4 und 5 des Freizügigkeitsgesetzes gegeben 
sind. Die Absicht der Niederlassung kann ausdrücklich erklärt oder aus 
den Begleitumständen des Aufenthalts erkennbar sein. Für die Be- 
urteilung der Absicht wird namentlich der Zweck des Aufenthalts ins 
Gewicht fallen. Der Erwerb eines Wohnhauses, eines industriellen oder 
landwirtschaftlichen Besitzes, die übernahme einer Stellung in öffent- 
lichem oder privatem Dienste, der Arbeitsantritt in gewerblichem oder 
Fabrikbetriebe, der Rücktritt von beruflicher Tätigkeit u. dgl. werden 
in der Regel auf die Absicht der Niederlassung schließen lassen. Mit 
dieser Absicht braucht nicht der Vorsatz dauernden Aufenthalts ver- 
bunden zu sein. Wer Wohnung nimmt in dem Bewußtsein, daß er 
voraussichtlich nach einiger Zeit zur Verbesserung seines Einkommens 
oder wegen Rückgangs der Verdienstgelegenheit, aus Familienrücksichten 
oder anderen Gründen den Aufenthalt wechseln wird, hat gleichwohl 
die Absicht der Niederlassung. Die Absicht ist aber ausgeschlossen, wenn 
schon beim Eintreffen am Wohnorte der Vorsatz besteht, dort nur vorüber- 
gehenden Aufenthalt zu nehmen, z. B. um eine Lehranstalt zu besuchen, 
ein Heilverfahren durchzuführen, sich für einen Beruf vorzubereiten
	        
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