WILEHELIM DER SIEGREICHE 65
Alle diese schönen und würdigen Feierlichkeiten
aber wurden überstrahlt durch den neunzigsten
Geburtstag' Kaiser Wilhelms, zu welchem sich fast
alle hervorragenden Fürstlichkeiten Europas behufs
Beglückwünschung in Berlin eingefunden hatten.s
Die Hauptstadt schwamm förmlich in einen Meer
von Licht; denn auch die Fenster der kleinsten Hütte
im entlegensten Vorstadtwinkel waren diesem einzigen
Tage zu Ehren' mit Lichtern geschmückt und Freuden-
feuer, Gaskandelaber und elektrische Licht-Gnirlanden
flammten aller Orten. Nicht weniger als 1648
Glückwunsch-Telegramme aus allen Teilen der
Erde waren eingelaufen, und Freude und Jubel,
Schmauserei, Musik und Tanz gab es in jedem
Hause. 13
Mit welcher Verehrung und Hingebung jedes
deutsche Herz für den Kaiser schlug, davon sollte
dieser an dem heutigen selten schönen Tage einen
hervorragenden Beweis erhalten.
Es war nämlich seit langem der sehnlichste 0
Wunsch des greisen Monarchen gewesen, die Armce,
welche er zu einer Vollkommenheit herangebildet,
die ihr den Ruf der „ersten der Welt“ verschafft
hat, auch nach seinem Tode in ihrer Kriegstüchtig-
keit und Schlagfertigkeit erhalten zu wissen. War=
ihm doch nur zu gut bekannt, daß Frankreich sich
vor der Hand' nicht beruhigen würde. Erst vor
kurzem war dort ein strebsamer Regierungsbeamter,
namens Boulanger, zum Kriegsminister ernannt
worden. Der hatte es ganz besonders verstanden, 0
in dem leicht erregbaren französischen Volksgemüt
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