III. Wirtschaftspolitik
Selten oder niemals hat ein Land in so
kurzer Zeit einen so gewaltigen wirtschaft-
lichen Aufschwung erlebt wie das Deutsche
Reich in der Epoche vom Frankfurter Frieden bis auf diesen Tag. Die Konsolidierung
der deutschen Großmachtstellung in Europa, die dadurch vollzogene staatliche Einigung
Deutschlands und Sicherung der deutschen Grenzen und das Beschreiten der welt-
politischen Wege unter gleichzeitigem Bau einer starken Flotte: diese beiden folgenreichsten
politischen Ereignisse unserer neueren Geschichte sind am unmittelbarsten der Entwicklung
unseres wirtschaftlichen Lebens zugute gekommen. In mehr als vier Jahrzehnten un-
gestörten Friedens konnte sich der seit dem Ende des Mittelalters zum erstenmal wieder
erwachte deutsche Unternehmungsgeist die rapide Entfaltung der Verkehremittel, die Er-
rungenschaften der technischen Wissenschaften und Fertigkeiten, die hohe Entwicklung
des modernen Geldverkehrs zunutze machen, um an der Vermehrung des deutschen
Wohlstandes zu arbeiten. Aus dem armen deutschen Lande ist ein reiches Land gewor-
den. Das Volk der Denker, Dichter und Krieger ist zu einem Kaufmanns- und Handels-
volk ersten Ranges geworden und ringt heute um die Palme auf dem Weltmarkt mit
England, das die erste Welthandelsmacht schon zu einer Zeit war, die Deutschland noch
als ein Volk von Bauern und Handwerkern sah. Wo sind die Zeiten, wo unser Schiller
nur zwei gewaltige Nationen ringen sah um der Welt alleinigen Besitz, den Franken,
der seinen ehernen Degen in die Wage der Gerechtigkeit wirft, und den Briten, der seine
Handelsflotten gierig wie Polppenarme ausstreckt? Wo er den Deutschen, der, während
die Erde geteilt wurde, im Land der Träume geweilt hatte, mit dem armen Poeten in
den Himmel idealistischer Bedürfnislosigkeit versetzte?
Heute hat die deutsche Industrie ihre Abnehmer bis bin in die entlegensten Gegen-
den der Erde. Die deutsche Handelsflagge ist den fremden Häfen ein gewohnter Anblick und
weiß sich sicher unter dem Schutze der deutschen Kriegsschiffe. Deutsche Kapitalien arbeiten
im Auslande neben denen der alten Geldmächte England und Frankreich und wirken an der
Festigung der wirtschaftlichen Interessenperbindungen zwischen uns und anderen Völkern.
Auf dem Felde der Weltwirtschaft sind die Folgen unserer nationalen Wiedergeburt bisher
am fühlbarsten geworden. In den Ziffern der internationalen Verkehrs- und Handels-
statistiken drückt sich der Aufstieg des Deutschen Reiches neben den alten Mächten am
plastischsten aus.
Wir haben Grund, auf unsere gewaltigen wirtschaftlichen Erfolge stolz zu sein.
Und die Genugtuung des deutschen Patrioten ist gerechtfertigt, wenn er darauf hinweist,
in wie beispiellos kurzer Zeit wir Deutschen mit unserer wirtschaftlichen Entwicklung
die weite Strecke durchmessen haben, die uns noch vor einem halben Jahrhundert von
Wirtschaftlicher Aufschwung und
Industrie-Entwicklung.
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