II. Buch. Staats- und Verwaltungerecht. 11
keine wesentliche Anderung brachte. Die besondere Ordnung der Konsulargerichtsbarkeit in
Agppten hat neue Vorschriften erfordert. In Tunis, Bosnien, Zypern, Serbien, Rumä-
nien, Bulgarien, sowie vor allem in Japan ist die Konsulargerichtsbarkeit zugunsten der
dortigen Staatsgerichte teils eingeschränkt, teils ganz aufgehoben worden; Marokko und
Tripolis werden zweifellos demnächst folgen, und der Zusammenbruch der europäischen
Türkei wird gleichfalls von großer Bedeutung für diese Frage sein. — Oie seit lange
als Bedürfnis empfundene Umarbeitung des alten Gesetzes über die allgemeinen Rechte
und Pflichten der Konsuln (1867 erlassen) ist leider noch nicht zur Vorlage an die gesetz-
gebenden Organe gelangt. Ebenso hat die Frage der unbedingt notwendigen beson-
deren Vorbildung für das Konsularamt eine brauchbare Lösung bis jetzt noch nicht ge-
funden; die allgemeinen Befähigungsnachweise für Zustiz und Verwaltung können als
für das konsularische Amt ausreichend nicht anerkannt werden. Sowohl Frankreich als
auch Osterreich haben für die Vorbereitung zum Konsulardienst seit lange besondere
Einrichtungen geschaffen, die dem Zwecke dienen, den Konsularbeamten die für ihre
Aufgabe erforderliche besondere völkerrechtliche, volkswirtschaftliche und sprachliche Aus-
bildung zu geben.
Rechtszustand der Fremden. Der Rechtszustand der Fremden im
Staate, eine bei den hHeutigen Kultur- und
Verkehrsverhältnissen täglich wichtiger werdende Angelegenheit, entbehrt bis Heute der
Kegelung durch allgemeine internationale Rechtsgrundsätze; auch die Sondergesetz-
gebung der Staaten hat nur einzelne hierher gehörige Punkte geordnet. Ob der Zeit-
punkt für eine allgemeine NRegelung des Fremdenrechtes, etwa durch eine spätere Haager
Friedenskonferenz, heute schon gekommen ist, muß dahingestellt bleiben; nicht wenige
Einzelpunkte der Materie ließen sich wohl heute schon gemeinsam ordnen und der Staat,
der in dieser Frage die Znitiative ergreifen würde, würde sich dadurch zweifellos ein
großes Verdienst und allgemeine Dankbarkeit erwerben.
Bemerkenswert ist jedenfalls, daß das Deutsche Reich mit mehreren Staaten be-
sondere „Niederlassungsverträge“ hat zum Abschluß bringen können, die den Staats-
angehörigen der Vertragsmächte in den beiderseitigen Staatsgebieten eine festgesicherte
Kechtsstellung geben. Zuerst wurde mit der Schweiz (1890, erneuert und verbessert
1909) ein auf diesem Gedanken beruhender besonderer Niederlassungsvertrag abge-
schlossen; ihm folgte 1906 ein analoger Vertrag mit den Niederlanden. Auch in vielen,
besonders mit mittel- und südamerikanischen Staaten abgeschlossenen, Handelsverträgen
finden sich Einzelbestimmungen dieser Art. Unzweifelhaft liegen in diesen Nieder-
lassungsverträgen bie hochbedeutsamen Anfänge einer allgemeinen inter-
nationalen Regelung des Fremdenrechtes, die vom allgemein kulturellen
wie insbesondere vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte aus als einer der
größten Fortschritte der zivilisierten Menschheit betrachtet werden müßte.
Antistlavereiakte. Einer besonderen Hervorhebung wert ist in diesem Zu-
* sammenhange noch das große Kulturwerk der Anti-
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