II. Buch. Staats- und Verwaltungerecht. 13
Spanien, Portugal, Schweden den Staatsvertrag angenommenz; leider fehlen Ztalien,
Rußland, England, Holland, Dänemark und die Balkanstaaten noch in diesem Werke.
Seuchenschutz. Zum Schutze gegen Pest, Tholera und Gelbfieber war 1903 eine
internationale Ubereinkunft abgeschlossen worden, der die meisten
Staaten beigetreten sind.
Auf das deutsche Staatsvolk als solches beziehen sich die
Rechtsvorschriften über Staatsangehörigkeit und
Auswanderung.
Oie noch vor kurzer Zeit ziffernmäßig sehr bedeutende Auswanderung aus den
Ländern des deutschen Reichsgebietes ist heute unbedeutend geworden; die Erwerbs-
möglichkeiten innerhalb des Landes sind, mag auch fanatischer Parteihaß dies leugnen
und bestreiten, heute so zahlreich und so gut, daß ein erheblicher Drang nach Auswande--
rung, um die Lebensverhältnisse zu verbessern, in Deutschland nicht mehr besteht. Wohl
aber sind die großen deutschen Dampfergesellschaften die Vermittler der starken Aus-
wanderung aus den osteuropäischen Ländern nach allen Richtungen des Erdkreises.
Durch umfassende gesetzliche Vorschriften (1897) über das Gewerbe der Auswanderungs-
unternehmer und Agenten, Bau und Betrieb der Auswandererschiffe, sanitäts-, sitten-
und verkehrspolizeiliche Uüberwachung der Auswanderungeplätze u. a. m. hat das Reich
im Wohlfahrtsinteresse der Auswanderer seine Staatshoheit für diese Fragen in sehr
energischer Weise betätigt.
Die Rechtesätze über die Grundlagen des deutschen Volkes, über Erwerb und Ver-
lust der deutschen Staatsangehörigkeit, sind heute noch im wesentlichen die gleichen,
die ihnen die Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes 1870 gegeben hatte; ein neues
Gesetz von 1913 hat an den Grundlagen des Rechtes der Staatsangehörigkeit nichts
geändert. Die vielangefochtene Bestimmung über Verlust der Staatsangehörigkeit durch
zehnjährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Auslande enthält das neue Gesetz nicht
mehr, wohl aber sehr wichtige Vorschriften über Berlust der Staatsangehörigkeit bei
NLichterfüllung der Wehrpflicht. Zu bedauern bleibt, daß auch in dem neuen Gesetze
das Verhältnis zwischen Reichs- und Landesangehörigkeit nicht nach den richtigen Grund-
sätzen des Bundesstaates wie in den Vereinigten Staaten von Amerika geregelt sein wird.
Schon zur Zeit des Norddeutschen Bundes (1870) war die Fürsorge für verarmte
Staatsangehörige einheitlich für den ganzen Bund geregelt worden; das Gesetz über
den „Unterstützungswohnsitz“ war sodann zum Reichsgesetz erklärt worden, das
nur für Bayern kraft der Versailler Verträge außer Geltung blieb. Das Gesetz erfuhr
1908 in wichtigen Punkten eine Abänderung, jedoch unter Festhaltung des 1870 ein-
gerichteten Spstems der öffentlichen Armenpflege durch die Gemeinden und wurde
für Elsaß-Lothringen in Kraft gesetzt; über die Einwirkung von Armenunterstützung
auf öffentliche Nechte erging 1909 ein Sondergesetz, das insbesondre die auf Grund
der Reichsversicherungsgesetzgebung erfolgten Beihilfen von dem Begriff „Armen-
unterstützung“ ausschloß. Die wichtigste Veränderung durch das Gesetz von 1908 ist,
9. Auswanderung und
Staatsangehörigkeit.
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