22 Staats- und Verwaltungerecht. II. Buch.
wird in Verbindung mit der preußischen geführt, der sich freiwillig auf dem Vertrags-
wege auch Hessen angeschlossen hat.
Dagegen hat der Bundesrat für die wichtigsten Punkte des Eisenbahnbetriebes
eine bedeutende rechtsschöpferische Tätigkeit entfaltet, die in segensreichster Weise eine
deutsche Eisenbahneinheit, von der sich auch Bayern nicht ausgeschlossen hat, für die
Hauptmasse des Betriebes hergestellt hat. Der Bundesrat hat von Anbeginn diese
Materien auf dem Verordnungswege unter Berufung auf Verfassungsvorschriften ge-
regelt trotz der großen Schwierigkeiten, die ihm die von der staatsrechtlichen Wissenschaft
aufgestellte Theorie der „Rechtsverordnungen“ bereitet hat. So steht der große Komplez
von eisenbahnrechtlichen Verordnungen des Bundeerates, insbesondre die große, wieder-
holt verbesserte, Eisenbahnverkehrsordnung (die geltende seit 1. April 1909), dann die
Signalordnung von 1907, Bau- und Betriebsordnung von 1904, heute in Geltung.
A#Auch auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens hat bereits eine erhebliche internationale
Tätigkeit eingesetzt. Kraft besonderer Abmachungen der Verwaltungen erfolgt ein Aus-
tausch der Betriebsmittel (Personen- und Güterwagen) und eine Abrechnung der Fahr-
preise unter fast allen Staaten des europäischen Kontinentes. Außerdem wurde schon
1890 unter den europäischen Kontinentalstaaten ein großer internationaler Fracht-
vertrag abgeschlossen, der die Grundlagen des Eisenbahnfrachtrechtes in weitem Um-
fange international regelt nach dem Vorbilde des Weltpostvereins. Such über die Spur-
weite der Eisenbahnen ist unter fast allen Staaten des europäischen Kontinentes eine
einheitliche Regelung erzielt worden.
Siehe im übrigen das besondere Kapitel dieses Werkes über Eisenbahnwesen.
Für das neueste Verkehrsmittel auf dem Erdboden, die Kraft-
fahrzeuge, wurde ein Reichsgesetz (1909) erlassen und eine
umfassende internationale Abmachung (1909) getroffen; das Gesetz enthält Verkehrs-,
Haftpflicht- und Strafvorschriften. Eine vollständige und dauernde Ordnung des Ver-
kehrs mit Kraftfahrzeugen samt der hierfür erforderlichen internationalen Verkehrs-
ordnung wird auf Grund der gemachten Erfahrungen schwerlich mehr lange auf sich
warten lassen.
2. Kraftfahrzeuge.
3. Postwesen. Das Gebiet des Postwesens hat im letzten Vierteljahrhundert keine
Neuerungen grundsätzlicher Art zu verzeichnen. Das ausgezeichnete
Werk des ersten Generalpostmeisters Stephan besteht in voller Kraft unverändert weiter;
nur in Einzelheiten waren hier Anderungen erforderlich. Auch das gewaltige, von Ste-
phan 1874 begründete Werk des Weltpostvereins hat sich auf den damals gelegten
Grundlagen in kraftvoller Weise weiterentwickelt (neueste Fassung mit 5 Zusatzverträgen
von 1906). Haß die Post nicht handelerechtlicher „Kaufmann“ ist, wurde 1897 gesetz-
lich ausgesprochen; aber auch die einzelnen Akte der Postverwaltung sind nicht Verträge
im Sinne des Privatrechtes, sondern Akte der Staatsverwaltung. Die privaten Stadt-
postanstalten wurden 1899 gegen Entschädigung aufgehoben und für die Zukunft ver-
boten.
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