Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
24 Staats- und Verwaltungerecht. II. Buch. 
  
Schiffen in deutschen Staatsgewässern sind auf dieser Grundlage bereits Anordnungen 
erlassen worden. In besonderer Darstellung ist diese großartige Entwickelung zu behandeln. 
Das deutsche Münzwesen hat im letzten Vierteljahrhundert erheb- 
liche Veränderungen nicht erfahren. Das auf der Gesetzgebung von 
1873 beruhende Sostem ist unverändert geblieben; formell ist allerdings an Stelle der 
alten Gesetzgebung 1909 ein neues Gesetz getreten. Nur in bezug auf Einzelheiten der 
Münzstücke (Beseitigung der 5-Markstücke aus Gold, der 20-Pfennigstücke überhaupt) er- 
folgten minder wichtige Veränderungen. Die durch das Münzgesetz von 18735 vorläufig 
unberührt gebliebene Münzkategorie des Talers ist nach langen parlamentarischen 
Kämnpfen als Dreimarkstück unter die Scheidemünzen unseres Goldsystems ausgenommen 
worden. Das seit 1874 reichsgesetzlich zugelassene Aushilfsmittel des Geldverkehrs, die 
Reichskassenscheine, wurde beibehalten, nur seit 1906 dahin verändert, daß die Kassen- 
scheine statt auf 20 Mark und 50 Mark auf 10 Mark und 5 Mark lauten. Für den durch 
die Gesetzgebung von 1913 geschaffenen Goldbestand von 120 Millionen Mark wurden 
abermals Reichskassenscheine im gleichen Betrag zu 5 und 10 Mark ausgegeben. 
Eine große grundsätzliche, im Verkehr selbst allerdings kaum bemerkte Veränderung 
hat das Reichsgeldspftem dadurch erfahren, daß seit 1909 den Reichsbanknoten (nicht 
aber den Noten der übrigen noch bestehenden Notenbanken) in unbegrenzter Weise der 
Charakter als Geld, d. i. als gesetzliches Zahlungsmittel, wie den Goldmünzen einge- 
räumt wurde. Die gewaltige Entwickelung unserer Volkswirtschaft nötigte zu dieser, 
sowie anderen (besonders das Scheckgesetz) Maßregeln, da der enorme Geldverkehr 
unserer heutigen Volkswirtschaft in den engen (Gold-) Grenzen des deutschen Münz- 
spftems nicht mehr abgewickelt werden konnte. 
5. Münzwesen. 
  
Das deutsche Maß- und Gewichtsspstem, das auf 
der Grundlage der internationalen Meterkonven-- 
tion (zustande gebracht erst 1875) schon durch die Maß- und Gewichtsordnung von 
1868 einheitlich für das ganze, im Reich zusammengefaßte deutsche Volk eingerichtet 
worden war, erfuhr gleichfalls eine grundsätzliche Veränderung nicht. Das Gesetz selbst 
bedurfte allerdings aus Gründen einer besseren Organisation dieses Berwaltungszweiges 
einer neuen Fassung (1908), durch welche die Ausführung der gesetzlichen Maßregeln 
(Eichung, Stempelung) besonderen Staatsbehörden, getrennt von der Kommunalverwal- 
tung, übertragen wurde. Eine neue Eichordnung wurde 1911 erlassen. Am 1. April 1912 ist 
die neue Gesetzgebung in Kraft getreten. Uber die elektrischen Maßeinheiten war 1898 
ein Sondergesetz ergangen. Ebenso gilt eine besondere Schiffsvermessungsordnung. 
6. Maß- und Gewichtswesen. 
  
Auch die gesetzlichen Grundlagen des deutschen Bankwesens haben 
eine grundsätzliche Veränderung seitihrer ersten Feststellung im Zahre 
1875 nicht erfahren. Die Reichsverfassung überträgt die Ordnung der „allgemeinen Be- 
stimmungen“ über das Bankwesen dem Reiche. Das Reich hat derartige Bestimmungen 
für das gesamte Bankwesen zu erlassen bis jetzt keinen Anlaß genommenz; ein Sondergesetz 
7. Bankwesen. 
  
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