Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
104 Finanzen und Steuern. II. Buch. 
  
tung einer neuen Kriegsschule und neuer Unteroffiziersschulen, Vergrößerung der Kadet- 
tenanstalten u. a. m. Der Betrag hierfür wird im ersten Zahre auf 435, im zweiten 
auf 286, im dritten auf 178, im ganzen also auf rund 900 Mill. M. sich stellen. Ferner 
sind 15 Millionen erforderlich, um einen Silberschatz von 120 Millionen einzurichten. Schon 
im Voranschlag von 1913/14, der zum erstenmal 3 Milliarden M. übersteigt, zeigt sich die 
Wirkung; denn gegen 1912, bei der Flotte gegen 1911, weisen die ordentlichen Ausgaben 
der Heeresverwaltung eine Mehrung um rund 100, die der Flotte um 32 Mill. M., 
die einmaligen Ausgaben eine solche um 458 bzw. 55 Mill. M. auf. Mit dieser Vorlage 
sah sich allerdings, wie der Staatssekretär des Reichsschatzamtes in seiner einleitenden 
Rede sagte, die Reichsfinanzverwaltung vor eine Aufgabe gestellt, wie sie ihr schwerer 
seit dem Bestehen des Reiches nie gestellt worden ist. Auch die größte Heeresvorlage 
habe bisher an fortlaufenden Ausgaben nur einen Bruchteil der neuen erfordert; und 
was die einmaligen Ausgaben anlangt, so hätten sie bei sämtlichen bisherigen Vorlagen 
zusammen nicht annähernd an den jetzigen Bedarf herangereicht. 
Die Ausgaben der Zivilverwaltung. Die Ausgaben für das Auswärtige 
Amt haben seit 1888 von 8,56 auf 
18,72 Mill. M. zugenommen. Die Mehrung ist verursacht teils durch eine Ausgestaltung 
der diplomatischen Vertretung, wie die wachsende Berflechtung des Reiches in den inter- 
nationalen Verkehr sie erfordert, teils durch größeren Personalbedarf im Auswärtigen 
Amt, teils durch Förderung allgemeiner Kulturzwecke: Dotationen für deutsche wissen- 
schaftliche Forschungen, Anstalten und Schulen im Ausland, Entsendung landwirtschaft- 
licher Sachverständiger und Anstellung von Handelssachverständigen bei deutschen 
Konsularämtern. 
Eine besonders starke Steigerung hat der Bedarf für die Kolonialverwaltung 
erfahren. Zwar sind die Ausgaben der Zentralverwaltung relativ niedrig, 1912: 2,89 Mill. 
Mark; dagegen hat die Fruchtbarmachung der Schutzgebiete große einmalige und außer- 
ordentliche Lufwendungen erforderlich gemacht; in der Zeit von 1896—1912 sind es 
376,96 Mill. M. oder 22,17 pro Jahr. An eigentlichen außerordentlichen Ausgaben 
im budgetrechtlichen Sinne gehört aus den früheren Jahren nur hierher der Betrag 
von 16,75 Mill. M., der 1889 für den Ankauf der spanischen Karolinen-, Palau- und 
Marianeninseln aufgewendet wurde. Dazu kommen dann noch verschiedene Ausgaben 
für Sicherung der Schutzgebiete und Niederwerfung von Aufständen. Die Expedition 
in das ostafrikanische Schutzgebiet in den Fahren 1905/06 erforderte 275 300 M., die 
in das südwestafrikanische 1903/06 218,41 Mill. M. Rund 151 Mill. M. betrugen die 
einmaligen Ausgaben für Kiautschou. Deutschland macht mit seinen Kolonien eben die- 
selbe Erfahrung, wie sie mehr oder weniger alle kolonisierenden Staaten machen mußten: 
es wird nur dann ein Gedeihen zu erwarten sein, wenn genügend Kapital und Arbeit 
in ihnen investiert wird. Es kommt dazu, daß die Erträge aus unseren Kolonien über- 
haupt nicht so reichlich fließen werden, da sie weder reine Ackerbaukolonien noch reich 
ausgestattete Kultivationsgebiete sind. Zunächst erfordern sie nahezu alle nicht unbe- 
deutende Zuschüsse. Aber wir wären heute schon weiter, wenn diese Zuschüsse gleich 
  
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