6 Das bürgerliche Recht. III. Buch.
Aufgabe für Prakis und Wissenschaft ist die Entwicklung der lex lata und der Ausbau
der fort und fort sich zeigenden Lücken gemäß den Bedürfnissen der Gegenwart. Immer
neue schwere Fragen tauchen auf, und namentlich die den Schutz der Persönlichkeit und
die sozialen Kämpfe betreffenden Probleme stellen, solange das Gesetz nicht regelnd ein-
gegriffen hat, den Richter vor außerordentlich verantwortungsvolle Aufgaben. — Nicht
unerwähnt darf die große Aufgabe bleiben, die den gesetzgebenden Körperschaften durch
die Einführung des BE. gestellt und durch die mit bewundernswertem Fleiße gear-
beiteten Ausführungsgesetze gelöst worden ist.
Gleichzeitig mit dem B. traten eine Reihe von
andren Gesetzen in Kraft, die in innerem Zusammen-
hange mit ihm stehen. Außer den Ausführungsgesetzen, die von den einzelnen Bundes-
staaten erlassen wurden, müssen hier erwähnt werden: das Handelsgesetzbuch
(vom Jahre 1861), das mit Rücksicht auf das BGB. umgearbeitet und in einzelnen
wichtigen Beziehungen geändert wurde, aber auch in der neuen Gestalt die es auszeich-
nende klare Verständlichkeit und echte Volkstümlichkeit nicht verloren hat; ferner das
Reichsgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (der erste, gut gelungene Ver-
such, diese wichtige Materie einheitlich zu regeln) und die Reichsgrundbuchordnung,
die eine wesentliche Ergänzung des Immobiliarsachenrechts des BE#. bildet.
Nebengesetze der B.
Aus der großen Zahl der privatrechtlichen
Gesetze, die außer dem B#B. und seinen
Nebengesetzen in den letzten 25 Jahren erlassen worden sind, können hier nur diejenigen
charakterisiert werden, die eine größere Bedeutung für das Rechtsleben haben.
In einer ersten Gruppe seien diejenigen Gesetze erwähnt, die solche Materien re-
geln, die dem allgemeinen bürgerlichen Recht angehören. Auf den Schutz der kapital-
schwachen Kreise der Bevölkerung zielt das Gesetz über die Abzahlungsgeschäfte (1894)
ab; es schützt den Käufer besonders gegen die Gefahr, dadurch ausgebeutet zu werden,
daß dem VBertrag für den Fall der Nichtzahlung einer Rate die Verwirkungsklausel bei-
gefügt wird und er so die abgezahlten Beträge verliert. Beifallswert ist auch die Ab-
sichtdes Bauforderungsgesetzes (1909), das nach langen Vorarbeiten den Versuch macht,
der Ausbeutung der Bauarbeiter durch gewissenlose Bauherren und Bodenspekulanten
entgegenzutreten, in seinem (zweiten) Hauptteil aber bis jetzt noch nirgends in Kraft
gesetzt worden ist. Ebenso zielt auf die Bekämpfung von Mißbräuchen das für die
arbeitsuchenden Kreise wichtige Stellenvermittlergesetz von 1910 ab. Das außerordent-
lich schwierige Problem, wie die mittlere Linie zwischen den Interessen der Lenker
und Benutzer von Kraftfahrzeugen einerseits und des durch ihre Schnelligkeit gefährdeten
Publikums andrerseits zu finden sei, wurde durch das Gesetz vom 5. Mai 1909 gelöst.
Echten modernen Geist atmet das nach dem Muster des kurz zuvor zustande gekommenen
preußischen Gesetzes im Fahre 1910 erlassene Gesetz, nach dem der Staat die Haftung
für den Schaden übernimmt, der von seinen Beamten in Ausübung der obrigkeitlichen
Gewalt zugefügt wird. Der Erleichterung und Sicherung des in den letzten Jahrzehnten
Sonstige privatrechtliche Gesetze.
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