18 Das Handelsrecht. III. Buch.
In dem Maße, wie der Kapitalbesitz auf die Entwickelung der geschäftlichen Tätigkeit
von Einfluß wurde, mußte sich der Grundsatz der beschränkten Haftung im Rechte
der Handelsgesellschaften durchsetzen. Die Alktiengesellschaft, die das kapitalistische
Prinzip in seiner äußersten Konsequenz zum Ausdruck bringt, eignete sich wegen ihrer
umständlichen und kostspieligen Organisation und der Schutzbestimmungen, mit denen
sie mit Rücksicht auf die leichte BVeräußerlichkeit ihrer Anteile umgeben werden mußte,
nur für größere Unternehmungen. Um den kolonialen Unternehmungsgeist zu heben,
wurden zuerst durch das Gesetz vom 15. März 1888 die Kolonialgesellschaften
mit den Rechten einer Körperschaft und mit dem Grundsatz der beschränkten Haft-
pflicht ausgestattet. Wie wichtig es war, auch für kleinere Unternehmungen die Be-
teiligung des Kapitals und seine fruchtbringende Verbindung mit Zntelligenz und
Arbeitskraft zu ermöglichen, hatte die großartige Ausdehnung der limited companies im
englisch-amerikanischen Wirtschaftsgebiet gezeigt. Die Schaffung der Gesellschaften
mit beschränkter Haftung durch das Gesetz vom 20. April 1892 bedeutete eine außer-
ordentlich glückliche Lösung des Problems. ODie neue Gesellschaftsform weist im
wesentlichen alle Vorzüge der Aktiengesellschaft auf. Da die Ubertragung der Gesell-
schaftsanteile an das Erfordernis eines gerichtlichen oder notariellen Vertrags geknüpft
ist, bleiben die Anteile vom Börsenverkehr ausgeschlossen und die Zahl der Gesellschafter
eine beschränkte. Auf die Vorschriften zum Schutze des Publikums konnte daher ver-
zichtet und der Gesellschaft eine größere Beweglichkeit verliehen werden. Es fehlen
deshalb auch Vorschriften über den Gründungshergang und die Verantwortlichkeit der
einzelnen Organe, was allerdings bei der großen Ausdehnung, welche die neue Gesell-
schaftsform fand, zu manchen Mißständen geführt hat. Eine Verpflichtung zur Ver-
öffentlichung von Bilanzen besteht nicht, sofern die Gesellschaft nicht Bankgeschäfte be-
treibt. Von Bedeutung ist endlich, daß die Gesellschafter im Gegensatz zur Aktiengesell-
schaft zur Zahlung von Nachschüssen verpflichtet werden können.
Eine der schwierigsten Aufgaben der Gesetzgebung war die
Regelung des Börsenwesens. In dem Maße, wie sich die
Großindustrie entwickelte, der Volkswohlstand stieg, das Kapital immer mehr die Form
börsengängiger Wertpapiere annahm, hatte die Börse als Zentralmarkt der Volks-
wirtschaft eine außerordentliche Bedeutung gewonnen. ODer komplizierte Mechanis-
mus des Börsenwesens und die Nücksicht auf die internationale Beweglichkeit des
Kapitals erschwerten hier das Eingreifen des Gesetzgebers. Dazu kam, daß eine
objektive Behandlung der Materie deswegen besonders schwierig war, weil die Börse
als Verkörperung der kapitalistischen Entwickelung im Brennpunkte der heftigen partei-
politischen Kämpfe stand, welche die Bertreter der verschiedenen Znteressentengruppen,
der liberal-kommerziellen und der konservativ-agrarischen Weltanschauung führten. Es
muß hervorgehoben werden, daß das Börsengesetz vom 22. Zuni 1896 in seinen
organisatorischen Bestimmungen eine auch von den unmittelbar Beteiligten als zweck-
mäßig anerkannte Regelung bedeutet. Dagegen bedeutete das Eingreifen der Gesetz-
gebung in das Gebiet des Börsenterminhandels einen Mißerfolg, der von großer Trag-
Börsenwesen.
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