40 Das Strafrecht. III. Buch.
c) Aufenthaltsbeschränkung neben schweren Strafen, wenn anzunehmen ist,
daß der Aufenthalt des Verurteilten an bestimmten Orten mit einer be-
sonderen Gefahr für einen anderen oder für die öffentliche Sicherheit ver-
bunden sein würde. Das Gericht erkennt nur auf die Zulässigkeit, die
Landespolizeibehörde entscheidet über die Anwendung (* 55). Das Institut
der Polizeiaufsicht fällt dafür weg;
d) Unterbringung von wegen Unzurechnungsfähigkeit freigesprochenen oder
außer Verfolgung gesetzten oder wegen geminderter Zurechnungsfähig-
keit milder bestraften Personen in eine öffentliche Heil- oder Pflegeanstalt,
wenn es die öffentliche Sicherheit erfordert. Die Unterbringung ordnet
das Gericht an (§ 65);
e) in gewissem Sinne gehört hierher auch die Anordnung von Erziehungs-
und Besserungsmaßregeln, besonders der Unterbringung in eine Erziehungs-
oder Besserungsanstalt, gegenüber kriminell gewordenen Zugendlichen, die
nunmehr nicht bloß im Falle der Freisprechung wegen mangelnder Ein-
sicht, sondern auch im Falle der Verurteilung, und zwar neben oder statt
der Strafe, unter gewissen Voraussetzungen zulässig werden soll (& 69 Abs. 2);
5. die Anerkennung der bloß geminderten Zurechnungsfähigkeit als gesetzlichen
Grundes für Anwendung eines milderen Strafrahmens (§5 63 Abs. 2, 760);
6. die Einführung der Rehabilitation in der Form der Wiedereinsetzung in die ver-
lorenen Rechte (§& 50) und der Löschung der Bestrafung in dem Strafregister
und den sonstigen amtlichen Strafverzeichnissen auf Grund längerer guter Führung
(88 51, 52);
7. gesetzliche Festlegung der Regeln der subjektiven Verschuldung, einschließlich des
Rechtsirrtums und unter Ausschluß der bloß objektiven Erfolgshaftung (§§ 58
bis 62);
8. allgemeine Bestrafung des Rückfalls und des gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen
Verbrechertums (5# 87—89);
9. Beschränkung der Möglichkeit einer Unterbrechung der Verjährung (88 95, 98).
Verschiedene hier einschlägige Neuerungen im Besonderen Teil bei den Tatbeständen
der einzelnen Oelikte sollen, weil nicht von allgemeiner Bedeutung, bier nicht aufgezählt
werden; erinnert sei beispielsweise an die Abschaffung der absoluten Strafdrohung
beim Morde.
Diese Zugeständnisse erschöpfen zwar keineswegs die Forderungen der modernen
Schule; immerhin aber sind sie bedeutungsvoll genug, um den entschiedenen Wider-
spruch des unbedingten Klassizismus hervorzurufen. Dieser ist daher auch nicht aus-
geblieben. Die große Mehrheit der Kritiken hat sich dagegen dahin entschieden, daß der
Vorentwurf im ganzen und großen auf dem richtigen Wege sei. Dies zeigt sich ferner
auch in der Ubereinstimmung mit dem österreichischen Entwurf und mit der zweiten
Kommission, die den nachher näher zu erwähnenden revidierten Entwurf ausarbeitet.
Endlich wird es durch die Erwägung bewiesen, daß die Gedanken, die der Entwurf von
der neuen Schule übernimmt, als solche anzusehen sind, die sich durchgesetzt haben. An
296