Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
III. Buch. Völkerrecht. 73 
  
den Seekrieg festgestellt und drei Deklarationen, betreffend 1. ein für fünf Jahre gültiges 
Verbot, aus Luftballons oder in ähnlicher Weise Geschosse oder Explosiostoffe auf den 
Gegner zu schleudern, 2. ein Verbot von Projektilen, die lediglich den Zweck haben, 
betäubende und gesundheitsschädliche Gase, sog. Stickgase, zu verbreiten, 3. ein Verbot 
der Verwendung der sog. Dum-Dumgeschosse. 
Im übrigen sprach die Konferenz den Wunsch aus, daß die Frage des Verbots 
von neuen Modellen und Kalibern von Gewehren und Schiffskanonen neuerlich von 
den Regierungen in Erwägung gezogen werde. 
In bezug auf den dritten Hauptpunkt des russischen Programms wurde eine Ver- 
einbarung über die friedliche Beilegung völkerrechtlicher Streitigkeiten (Convention sur 
le reglement pacifique des conflits internationausx) festgestellt. Diese dritte Konven- 
tion, die insofern die wichtigste war, weil sie am meisten dem Zwecke entsprach, zu welchem 
die Konferenz einberufen war, handelte im ersten Abschnitte von den „guten Diensten“ 
und der „Vermittlung“, im zweiten von den „internationalen Untersuchungskommis- 
sionen“ und im dritten Abschnitt „von der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit“, 
namentlich auch von dem bei der Schiedssprechung zu beobachtenden Prozeßverfahren. 
Während der Beratungen der Konferenz war im Widerspruch zum russischen Pro- 
gramm von mehreren Staaten beantragt worden, den Grundsatz des obligatorischen 
Schiedsverfahrens anzunehmen und ein ständiges Schiedsgericht zu bestellen. 
Die Anträge fielen jedoch infolge des von anderen Staaten, namentlich auch von Deutsch- 
land, dagegen erhobenen Widerspruchs, so daß die Schiedsgerichtskonvention auf der 
Grundlage des fakultativen Schiedsverfahrens und der freien Wahl der 
Schiedsrichter beruht. 
Ein größeres Ergebnis hatte die zweite 
Friedenskonferenz, die von 46 Staaten 
beschickt war und vom 15. Zuni bis 18. Oktober 1907 tagte. 
Ihren Beratungen lag ein ebenfalls von der russischen Regierung entworfenes 
Programm zugrunde, wonach sich die Verhandlungen der Konferenz auf folgende Punkte 
beziehen sollten: 
1. Verbesserung des Abkommens zur friedlichen Erledigung internationaler Streit- 
fälle in dessen Bestimmungen über den Schiedshof und die internationalen Unter- 
suchungskommissionen; 
2. Ergänzung des Abkommens vom Jahre 1899, betreffend die Gesetze und Gebräuche 
des Landkriegs; 
3. Ausarbeitung eines Abkommens betreffend die Gesetze und Gebräuche des 
Seekriegs; 
4. Ergänzung des Abkommens vom JZahre 1899, betreffend die Anwendung der 
Grundsätze der Genfer Konvention von 1864 auf den Seekrieg. 
In diesem Programm war von Abrüstung bzw. Stillstand oder Einschränkung der 
Rüstungen keine Rede; trotzdem brachte die englische Delegation diese Frage auf der 
Konferenz zur Sprache. Die Angelegenheit wurde jedoch ohne weitere Verhandlung 
Die Friedenskonferenzvon 1907. 
  
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