III. Buch. gnternationales Privatrecht. 101
Daß sowohl die Zahl der beigetretenen Staaten (es hat sich für diese bereits der Fach-
ausdruck „Konventions-Inland“ gebildet) als der Umfang der geregelten Materien
weit hinter dem an sich Wünschenswerten zurückbleibt, liegt auf der Hand. Aber wer
die Vorgeschichte dieser Bestrebungen, zunächst von 1865 (Mancini und Asser) bis 1893,
und dann von der in letzterem Zahr stattgehabten ersten Haager Privatrechtskonferenz
bis heute verfolgt, muß gestehen, daß hier die Grundlegung eines Werkes gelungen ist,
dessen Fortführung so gewiß zu erwarten ist, wie irgendeine in der Natur der Sache
unausweichlich gegebene Fortschrittsnotwendigkeit. Daß die Mitarbeit der deutschen
Kegierung an diesem Werke, obwohl zuerst (1893) nur zögernd gewährt, immer kräftiger
und einflußreicher, zuletzt maßgebend geworden ist, muß hier mit besonderer Befrie-
digung festgestellt werden.
Seerechts-Konventionen. hen d 333 biras ishe
· gen Vereinheitlichungs-Konv nen: 1. der beiden
Wechlelrechts-Konvention. Seerechts-Konventionen vom 23. September
1910, 2. der Wechselrechts-Konvention vom 25. Juli 1912 hat die deutsche Regierung
einen hervorragenden Anteil. Die Seerechts-Konventionen stellen einheitliche Rechts-
sätze über die Ersatzpflicht bei Zusammenstößen von Seeschiffen und über Hilfe-
leistungs- und Bergungedienste bei Seenot auf. Sie sind am 1. Februar 1913
in Brüssel vom Deutschen Reich und von folgenden Staaten ratifiziert worden:
Osterreich-Ungarn, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Meziko, den
Lieederlanden, Rumänien, Rußland. Has zweite Ubereinkommen ist außerdem
von den Vereinigten Staaten von Amerika ratifiziert.
Tuch hier handelt es sich um völlig neue rechtliche Entwickelungsvorgänge, um die
ersten grundlegenden Schöpfungen im Gebiete wirklichen Weltrechtes.
Noch größer ist die Bedeutung der Welt-Wechselrechts-Konvention, welche
außer von Deutschland von folgenden Staaten gezeichnet ist und zweifellos alsbald
ratifiziert werden wird: Argentinien, Österreich, Belgien, Brasilien, Bulga-
rien, Chile, Dänemark, Frankreich, Guatemala, Italien, Luxemburg, Meziko,
Montenegro, Niederlande, ARicaragua, Norwegen, Ungarn, Panama, Para-
guay, Rußland, Salvador, Serbien, Türkei, Schweden, Schweiz.
Wenn Kaiser Wilhelm lI. am 7. Januar 1891 dem Generalpostmeister v. Stephan
sein Bild mit der Unterschrift schenkte: „Die Welt am Ende des 19. Jahrhunderts steht
unter dem Zeichen des Verkehrs; er durchbricht die Schranken, welche die Bölker trennen,
und knüpft zwischen den Nationen neue Beziehungen an“, so hat dieses Wort ohne wei-
teres auch für die internationale Entwickelung des Rechtes und insbesondere für die Ent-
wickelung des internationalen Privatrechts in derjenigen Zeitepoche Geltung, welcher
die vorstehende Skizze wie dieses ganze Werk gewidmet ist.
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