Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
IV. Buch. Das Heerwesen. 17 
  
Infanterie und die Pioniere wurden mit Küchenwagen ausgerüstet, von denen jede 
Kompagnie einen erhalten soll. Bei der Kavallerie wurde ein neuer Armeesattel ein- 
geführt; es führt ferner jedes Negiment jetzt zwei leichte Brückenwagen und einen 
Telegraphenwagen mit, nachdem die anfänglich eingeführten schwerfälligen Faltboot- 
wagen wieder abgeschafft worden sind. Kleinere Uniformänderungen und Einführung 
verschiedener Abzeichen können hier nicht näher berührt werden. 
Auch hat es der Raum nicht gestattet, auf die verschiedenen Etatsänderungen, 
die Vermehrung und Verteilung der Munitionskolonnen, sowie auf die Ausgestaltung 
der Behörden und Mobilmachungsvorbereitungen näher einzugehen. Aur kurz sei auf 
einige wesentliche Punkte bingewiesen. 
Die Zahl der Armeeinspektionen war auf 7, die der Pionierinspektionen auf 4 
erhöht worden. Die Anzahl der Bezirkskommandos allmählich auf 305 vermehrt. 
Organisation der Behörden. A#uch innerhalb der Organisation des Kriegs- 
ministeriums waren mannigfache Verände- 
rungen eingetreten. Als die wichtigste kann wohl die 1898 erfolgte Errichtung einer 
Feldzeugmeisterei bezeichnet werden, die an Stelle des allgemeinen Kriegsdeparte- 
ments die Aufsicht über Beschaffung, Anfertigung und Verwaltung der Streitmittel 
sowie über das hierbei beschäftigte Personal übernahm und dadurch das Ministerium 
bedeutend entlastete; diesem verblieb die Bestimmung über die Einführung neuer Waffen. 
Der Feldzeugmeisterei wurden unterstellt die Inspektion der technischen Insti- 
tute der Infanterie und Artillerie, die Artilleriedepot-Inspektionen mit 4 Ar- 
tilleriedepot-Direktionen, die Traindepot-nspektion mit anfangs 4, jetzt 2 Train- 
direktionen und den Traindepots, endlich die Inspizienten der Waffen und des 
Artilleriematerials. In Bayern und Sachsen wurden ähnliche Anordnungen ge- 
troffen. Das Remontewesen wurde im ganzen Reich geregelt und erweitert; Unter- 
offizierschulen und Unteroffiziervorschulen wurden vermehrt. Von besonderer 
Wichtigkeit endlich für die gesamte Ausbildung war die Beschaffung großer Truppen- 
übungsplätze, deren zurzeit 24 im Deutschen Reich vorhanden sind; sie dienen zu- 
gleich als Artillerieschießplätze. Von Grund aus neu gestaltet wurde das Militärge- 
richtswesen. Auch das Sanitäts- und Veterinärwesen erfuhr verschiedene grundsätzliche 
Anderungen. Auf alle diese Dinge näher einzugehen, verbietet der Raum. Dagegen 
muß wenigstens kurz der Entwickelung des Generalstabs Erwähnung geschehen, in 
dem sich neben dem Kriegsministerium das gesamte Leben der Armee wie in einem 
Brennpunkt konzentriert, in dem die geistigen Kräfte des Heeres zu praktischer kriegerischer 
Betätigung herangebildet werden. Er hat in den letzten 23 Jahren eine wesentliche 
Erweiterung erfahren, die teils durch die Neuformationen bedingt war, teils aber auch 
durch die großen Wandlungen und Neuerrungenschaften des Kriegswesens, die den 
genannten Zeitabschnitt kennzeichnen, und durch die zum Teil großartige Entwickelung 
der Heere anderer Staaten. 
Schon im Zahre 1889 wurden statt des Generalquartiermeisters drei Oberquar- 
tiermeister ernannt, denen 1894 der Chef der Landesaufnahme als vierter zugesellt 
  
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