IV. Buch. Seemacht und Kriegsflotte. 43
bierfür, soweit Seeinteressen in Betracht kommen, auch nur den Grundsatz der „offenen
Tür“, so ist dabei zu bedenken, daß er doch nichts anderes bedeutet als allgemeine Kon-
kurrenz, wirtschaftlichen Kampf aller gegen alle, bei dem schließlich hinter dem Kauf-
mann der Staat steht und hinter dem politischen Einfluß die bewaffnete Macht. So hat
es England stets gehalten und wird es auch ferner tun. Auch hier können Lebensfragen
für uns liegen.
Der deutsch-englische Gegensatz und die Novellen
zum deutschen Flottengesetz.
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elung eute einen
deutschen Flottengesetz. gedeihlichen, stetigen Fortgang gegeben. Man
wollte, wie dies ja schon durch den allmählichen Ersatz des veralteten Schiffsmaterials, das
auf den Bestand angerechnet wurde, sich von selbst ergab, ohne Uberstürzung vorgehen.
Aber es war doch ein gutes Zeichen für die bisherige Organisation und für das der
Hauptsache nach noch aus der Zeit des alten Regimes stammende Personal, daß die Flotte,
von vorübergehenden Schwierigkeiten abgesehen, den ihr zugeführten Zuwachs an Schiffen
und an Menschen sich gut angliedern konnte. Wohl spielt das Material eine große Rolle
bei dem Aufbau einer Flotte, aber seine Entstehung muß sich richten nach dem Kampf-
zweck: „Es ist der Geist, der sich den Körper baut.“ Schnell wurde das neue, moderne
Schiffsmaterial zum Träger der IZ#deen, die wir als Vorläufer des Flottengesetzes kennen
und was die Nation nach dem Willen ihres Kaisers der Flotte gab, ruhte in wohlvorbe-
reiteten Händen. Für die technische Fortentwickelung aber bedeutete es einen guten
Anfang, daß die deutsche Schiffbauindustrie, der der General v. Stosch einst den Bau
der alten Schlachtschiffe übertragen hatte, sich und ihre Materiallieferanten immer weiter
gefördert und uns dadurch vom Ausland unabhängig gemacht hatte.
Denn das Ausland sah mit gemischten Gefühlen, wie hier nun, schneller als man
gedacht hatte, eine technisch auf der Höhe stehende, gut organisierte und — soweit ihm
ein Einblick gestattet war — mit der Wirklichkeit des Krieges in enger Fühlung stehende
Klotte entstand.
Am lebhaftesten äußerte sich diese Stimmung in England. Man wollte nicht ein-
sehen, daß die deutsche Flottenrüstung nur der natürlichen Entwickelung der wirtschaft-
lichen Verhältnisse Rechnung trug, sondern in einer Nervosität, die schwer verständlich
ist für ein Land, das sich seiner Stärke bewußt ist, glaubte man auf Angriffspläne Deutsch-
lands schließen zu müssen. Ja das Gespenst der Invasion tauchte auf, einer Verbindung
von Landkrieg und Seekrieg also, die der ruhige, fachmännische Vergleich der Stärke
der beiden Flotten doch von vornherein als unmöglich ausschließen mußte. Wie man in
Überschätzung der militärischen Stellung Deutschlands auf dem Kontinent und in Ver-
kennung seiner Pläne bistorische Parallelen zog zu der Zeit Ludwig XIV. und Napoleons,
so glaubte man, oder wollte die öffentliche Meinung glauben machen, Deutschland sei
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