V. Buch. Die Kolonien. 13
schaft zu ergänzen. Der Rührigkeit des Komitees, das sich selbst als wirtschaftlichen
Ausschuß der deutschen Kolonialgesellschaft bezeichnete, gelang es, im Laufe der Zeit
eine große Anzahl Mitglieder — besonders auch aus kommerziellen und industriellen
Kreisen — zu werben und durch seine wissenschaftlich-wirtschaftlichen Unternehmungen
die deutsche Kolonialwirtschaft zu befruchten und neu zu beleben in einer Zeit, wo sie
von den maßgebenden Faktoren im Reiche geringe Förderung erfuhr.
II.
Wirtschaftliche Erschliehung der Schutzgebiete.
Kolonialpolitisch wichtige Neuerwerbungen.
Die von dem Komitee und den schon erwähnten Landesversuchsanstalten in Ost-
afrika und Kamerun unternommenen wissenschaftlichen und praktischen Arbeiten können
als Merksteine für den Beginn einer neuen Periode unserer Kolonialwirtschaft gelten,
die man vielleicht am treffendsten als die der wirtschaftlichen Erschließung unserer Schutz-
gebiete bezeichnen kann.
Fußfassen in Ostasien. Ihr kam es sehr zustatten, daß der Beginn zeitlich zu-
sammenfiel mit einer Reihe wichtiger politischer Ereig-
nisse, die die Kolonialpolitik stark in Mitleidenschaft zogen und so günstig beeinflußten,
daß die kolonialgesinnten Kreise neue Hoffnung auf eine ersprießliche Wendung der
Dinge schöpften. Den Auftakt gaben die von den Staatssekretären des Auswärtigen
und der Marine um die Wende der Jahre 1897/98 im Reichstage ebenso nachdrück-
lich wie glücklich vertretenen Vorlagen über die Verstärkung der deutschen Kriegsflotte
und über das deutsch-chinesische Abkommen betreffend das Pachtgebiet
Kiautschou mit dem großen und wichtigen Hinterlande der Provinz Schantung.
Wenn zu dieser Besitzergreifung auch die eine strenge Sühne erfordernde Ermordung
unserer deutschen katholischen Missionare die unmittelbare Veranlassung gab, so war
dieselbe doch keine Improvisation, sondern, wie Herr von Bülow überzeugend dar
legte: „das Ergebnis reiflicher Erwägung und Abwägung aller Berhältnisse und der
Ausdruck einer zielbewußten Politik“, da wir aus wirtschaftlichen, maritimen, sowie
allgemein- und handelspolitischen Rücksichten einen territorialen Stützpunkt in Ostasien
brauchten, wie ihn andere europäische Mächte, namentlich England, Rußland und Frank-
reich, dort bereits besaßen. Die Verstärkung unserer Marine und Schaffung einer festen
Basis für sie im Osten war aber auch für unsere Kolonialpolitik, namentlich in der Süd-
see, von größter Bedeutung. Sie erleichterte wesentlich den Entschluß weiterer Fest-
setzung in der Südsee. Ja man darf sagen, daß diese ohne den Flottenstützpunkt in Kiaut-
schou nicht ohne erhebliche Bedenken gewesen wäre; denn es läßt, sich nicht leugnen,
daß bis dahin unsere dortigen Besitzungen mehr oder weniger in der Luft schwebten.
Das durch Kaiserliche Verfügung vom April 1898 zum Schutzgebiet erklärte Kiautschou-
Gebiet wurde zweckentsprechend dem Reichsmarineamt unterstellt, unter dessen Leitung
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