V. Buch. Die Kolonien. 15
Beratung der Beamten strebte die Regierung sie mehr den Landesverhältnissen an-
zupassen. Zur Regelung dieser wichtigen Materien erging im Zahre 1899 eine Kaiser-
liche Verordnung, die den Reichskanzler ermächtigte, Wohnplätze zu kommunalen Ver-
bänden zu vereinigen, und Ende 1903 eine Reichskanzlerverfügung, nach der bei jedem
Gouvernement ein Gouvernementsrat mit beratender Stimme aus Beamten
und Einwohnern zu bilden war.
In Ostafrika wurde unverzüglich eine sich über den größten Teil des Landes er-
streckende Kommunalverwaltung eingeführt. An der Spitze der Verwaltung der Kom-
munalverbände, denen der größte Teil der lokalen Verwaltung, wie Wegebau, Hebung
der Wirtschaftsverhältnisse des Bezirks, Wasserversorgung, Armen- und Krankenpflege
für Eingeborene pp., übertragen wurde, stand der jeweilige Bezirksamtmann nebst
3—5 vom Gouverneur ernannten Bezirkseingesessenen. Nach und nach wurden in sämt-
lichen Kolonien Gouvernementsräte ins Leben gerufen; in verschiedenen wurden in
analoger Weise Bezirksräte zur Beratung der Bezirksverwalter eingerichtet. Nur in
Südwestafrika erlitt die Einberufung des Gouvernementsrats infolge der Unruhen einen
Aufschub. In Duala und Kribi schlossen sich außerdem die Kaufleute zu Handelskammern
zusammen. Es wurden aber auch die Eingeborenen zur Mitwirkung herangezogen, vor
allem als Mitglieder von Steuerkommissionen; denn es waren inzwischen mit gutem
Erfolge in beiden Kolonien Hütten- und Gewerbesteuern eingeführt worden, die den
doppelten Zweck der Hebung der Finanzen und der Vermehrung der Eingeborenen-
Produktion verfolgten.
NReben der eigentlichen Missionierung lag, wie in der vorhergehenden, so auch in
dieser Entwickelungsperiode die Unterweisung der Eingeborenen hauuptsächlich
in den Händen der Missionsgesellschaften beider Konfesstonen. Indessen waren inzwischen
in den drei tropischen Schutzgebieten und in Samoa neben den Missionsschulen Regierungs-
schulen errichtet worden, mit denen, ebenso wie bei jenen, zum Teil Handwerkerschulen
verbunden waren. Nur in Neuguinea und Südwestafrika überließ man den Unterricht
ganz den Missionen.
Zunehmendes Znteresse für die Auf wirtschaftlichem Gebiet setzte das kolonial-=
. irtschaftliche Komitee seine gegen Ende der
tliche Ent . w
wirtschaftliche Entwickelung vorigen Periode begonnene Wirksamkeit tat-
kräftig fort, indem es in Wort und Schrift die Schaffung volkswirtschaftlich
wichtiger Produkte und Rohstoffe in den Vordergrund stellte und auf die immer
größer werdende Gefahr der Abhängigkeit unseres Baumwollhandels und unserer
Textilindustrie von Amerika hinwies. Es betätigte sich aber auch praktisch in den
Kolonien, indem es in Ostafrika Baumwollkulturversuche an verschiedenen küsten-
nahen Plätzen mit ägyptischer Baumwolle machte und Weiße und Eingeborene zum
Baumwollbau anregte, während es in Togo die dort heimische Eingeborenenkultur
durch Belehrung und Anleitung zu heben suchte. Ee richtete zu diesem Zweck eine
Baumwollinspektion ein, deren Mitglieder während der Pflanz- und Erntezeit
die Kolonie bereisten und die Eingeborenen belehrten. Auch auf anderen Gebieten
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