Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
16 Die Kolonien. V. Buch. 
  
wirkte es durch gute Zdeen anregend und fördernd, so z. B. durch die versuchs- 
weise Einführung und Inbetriebsetzung neu erfundener deutscher Olfruchtbereitungs- 
maschinen und die Beteiligung an den Versuchen zur Herstellung tropenlandwirtschaft- 
licher Maschinen für Sisalentfaserung und Baumwollentkernung. Von ihm wurde auch 
der erste Dampfpflug in den Kolonien in Betrieb gesetzt. Die Gerechtigkeit gebietet 
aber, nicht zu verschweigen, daß dem Komitee wahrscheinlich alle auf dem Gebiete des 
Baumwollbaues und sonst errungenen Erfolge in Deutsch-Ostafrika und Togo versagt 
geblieben wären ohne die liebevolle und eifrige, praktische Mitarbeit der lokalen Ver- 
waltungsbehörden. Ohne die Bezirksamtmänner hätten sich die vom Komitee ent- 
sandten Spezialisten, die meist weder die Landesverhältnisse noch die Eingeborenen und 
ihre Eigenart kannten, nur sehr schwer orientieren können, ganz zu schweigen von der 
Erzielung irgendeines Einflusses auf die Eingeborenen. 
Die ostafrikanischen Pflanzer gingen immer mehr vom Kaffeebau zu Sisal- 
und Kautschukkulturen über, von denen man sich eine wesentlich höhere Rentabilität 
versprach und, sobald die Pflanzungen in das Alter des Ertrages kamen, auch erzielte. 
In Kamerun hatte der Kakaobau seine absolut dominierende Stelle in der Plantagen- 
wirtschaft behauptet; doch hatte man gegen Ende dieser Periode mit Krankheiten und 
Schädlingen zu kämpfen, welche die Ernten schwer schädigten. Daneben begann man 
auch hier mit der Kautschukkultur, allerdings leider mit Kickria, anstatt mit der hochwer- 
tigen Hevea. Angesichts der großen Aufnahmefähigkeit des deutschen Marktes an Ol- 
produkten fing man auch an, den Olfrüchten größere Aufmerksamkeit zuzuwenden. In 
Togo war die Plantagenkultur nach wie vor geringfügig. Zmmerhin wurden, nament- 
lich von der Togogesellschaft, Bersuche mit Kakao, Ceara-Kautschuk, Kola und Baum- 
wolle gemacht, während die vorhandenen Kokospflanzungen heranwuchsen und neue an- 
gelegt wurden. Bei den Eingeborenen-Kulturen spielte neben Baumwolle der Anbau 
von Nahrungemitteln, vor allem Mais, eine Rolle. In Südwestafrika hatte die Besiede- 
lung und damit die weiße Bevölkerung zwar stetig, aber sehr langsam zugenommen; 
indessen vermochte das wirtschaftliche Leben auch in dieser Periode keinen irgendwie 
nennenswerten Aufschwung zu nehmen. Weiße und Eingeborene erholten sich zudem 
nur sehr allmählich von den enormen Viehverlusten durch die Rinderpest, die immerhin 
das Gute gehabt hatte, daß sie dem Schutzgebiet eine, wenn auch nur schmalspurige Bahn 
von der Neede Swakopmund über den Wüstengürtel hinweg brachte, die langsam bis 
zum Hauptort des Landes, Windhuk, auf 580 km verlängert wurde. Von großer Beden- 
Otavi-Minen- und tung war ferner, daß sich unter Führung des Großfinan-- 
Eisenbahngesellschaft. ziers von Hansemann zur Ausbeutung der vielversprechen- 
den Kupfervorkommen im Norden des Schutzgebietes bei 
Tsumeb und Otapvi im Gebiete der englischen South-West-Africa Compagny die deutsche 
Otavi-Berg- und Eisenbahn-Gesellschaft mit dem Sitz in Berlin und einem Kapital von 
20 Mill. M. bildete, das zur Hälfte in Deutschland aufgebracht wurde, deren Vorstand 
ganz und deren Aufsichtsrat bis auf ein Mitglied deutsch waren. Da der Abbau der 
Kupfererze nur möglich war, wenn die Kupferfundstellen durch einen Schienenstrang 
mit der Küste verbunden wurden, so versprach die Gründung dieser Gesellschaft für den 
  
  
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