V. Buch. Die Kolonien. 17
nördlichen Teil des Schutzgebietes politisch und wirtschaftlich von großem Vorteil zu wer-
den, und ist es auch tatsächlich geworden.
Aufstände in Südwest- Leider brach in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts in
und Ost-Afrika. Südwestafrika ein überaus heftiger Aufstand
aus, der immer weiter um sich griff, so daß schließlich
fast sämtliche eingeborenen Stämme in ihn bineingezogen wurden. Bevor derselbe
niedergeworfen war, loderte ein gleichfalls sehr gefährlicher Brand im südlichen Teile
von Ostafrika auf, dessen Ubergreifen auf die mittleren Bezirke des Schutggebietes
noch eben glücklich verhindert werden konnte. IZn beiden Fällen wurden Regierung
sowohl wie Missionen von dem Ausbruch der Aufstände nahezu völlig überrascht. Aus-
dehnung und Hartnäckigkeit dieser Erhebungen waren nur dadurch möglich geworden,
daß man versäumt hatte, rechtzeitig für eine genügend starke Schutztruppe zu sorgen und
Eisenbahnen zu bauen. Sicherlich hätte in Südwestafrika eine rechtzeitige Verstärkung
der Schutztruppe um 3 bis höchstens 4 Kompagnien oder die Existenz einer Bahn von
Lüderitzbucht nach Keetmanshop genügt, um den Bondelswart-Aufstand, wenn er über-
haupt ausgebrochen wäre, im Keime zu ersticken. Dann aber wären Hereros und Wit-
boois nicht zu dem erst durch die Entblößung ihrer Gebiete von Truppen gereiften Ent-
schlusse gekommen, die deutsche Herrschaft abzuschütteln. In Südwestafrika kamen als
sekundäre Erscheinungen vereinzelte Ubergriffe von Weißen und der ungünstige Einfluß
hinzu, den zur Ausstellung nach Berlin entsandte und dort verwöhnte und verdorbene
Häuptlingssöhne nach ihrer Rückkehr ausübten, indem sie nachweislich am stärksten zum Auf-
stande trieben. Beide Erhebungen haben von neuem die Richtigkeit der Ansicht bestätigt,
daß Eingeborene zwar human und gerecht behandelt werden sollen, daß sie aber auf der
Kulturstufe, auf der sie damals in unseren Schutzgebieten standen und noch heute stehen,
der väterlichen Zucht und Strenge nicht entraten können und stets wissen müssen, daß die
Macht der Regierung zu stark ist, als daß sie Unbotmäßigkeiten ungestraft begehen können.
Oie nach Niederwerfung der Arufstände in
die von ihnen heimgesuchten Kolonien ent-
sandten neuen Gouverneure betrachteten es als ihre vornehmste Aufgabe, das Ver-
trauen der Eingeborenen der aufständischen Gebiete wiederzugewinnen und die
flüchtig Herumschweisenden zu sammeln. In Südwestafrika geschah dies durch Ein-
richtung von staatlichen Sammellagern unter Leitung von Missionaren der seit vielen
Jahrzehnten unter ihnen tätigen Rheinischen Mission, die das schwierige Werk mit Eifer,
Geschick und gutem Erfolge ausführten. In Ostafrika gelang es, durch jahrelange, vor-
sichtige Arbeit die in das portugiesische Gebiet Geflüchteten allmählich wieder in das
Schutzgebiet zu ziehen.
Sammlung der Eingeborenen.
Entschädigung der Farmer. In Südwestafrika galt es aber nicht minder,
der infolge des Aufstandes in verschiedenen Tei-
len des Schutzgebietes vernichteten Farmwirtschaft der Weißen wieder auf-
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