24 Die Kolonien. V. Buch.
zwei-, andere dreiklassig. Die in der Hauptstadt Windhuk bestehende Realschule schließt
vorläufig mit der Tertia ab, soll aber jährlich weiter ausgebaut werden. Die gesamte
Schülerzahl, die in den letzten Zahren eine bedeutende jährliche Zunahme zeigte, betrug
im Jahre 1912 bereits nahezu 700. Die nach Herstellung besserer Verbindungen erfolgte
Ausdehnung des Schulzwanges wird des weiteren günstig auf die Schulverhältnisse
wirken. Zn Ostafrika wurden 1911 in 4 Regierungsschulen 70 und in 3 Missionsschulen
46 weiße Kinder unterrichtet; in Neuguinea 15. In Samoa besteht bezeichnenderweise
eine Regierungsschule für Weiße und Mischlinge mit 124 Kindern, während Kamerun
und Togo Regierungsschulen für weiße Kinder nicht haben.
Auch das Eingeborenen-Schulwesen hat bedeutende Fortschritte gemacht. Die
Zahl der Regierungsschulen, mit denen vielfach Handwerkerschulen verbunden sind,
ist in Ostafrika, wo in 8 Haupt- und 89 Nebenschulen über 5000 Schüler unterrichtet
werden, aber auch in Kamerun, Togo und NReuguinea vermehrt worden, während man
in Südwestafrika daran festgehalten hat, das Eingeborenen-Schulwesen ganz den Mis-
sionen zu überlassen. Zndes auch in den übrigen Kolonien müssen die Leistungen der
Missionen beider Konfessionen auf dem Gebiete des Schulunterrichts rückhaltlos aner-
kannt werden. Gleich den Regierungsschulen zeigen die Missionsschulen eine starke Zu-
nahme und ergänzen jene, namentlich auf den Innenstationen, auf das Trefflichste.
Wenn auch die einheimische Sprache meist als Unterrichtssprache beibehalten worden
ist, so wird von den Missionen jetzt fast überall die deutsche Sprache zielbewußt gefördert.
Der Umfang der Tätigkeit der Missionen auf dem Gebiete des Schulwesens wird klar,
wenn man sich vergegenwärtigt, daß in unseren Kolonien über 2000 Schulen mit mehr
als 100 000 Schülern bestehen.
Auf dem Gebiete der Heidenbekehrung und der Seelsorge wird von den Missionen
mit größter Selbstaufopferung und zunehmendem Erfolge gearbeitet, Tüchtiges in der
Krankenpflege geleistet und eine umfangreiche Tätigkeit in Waisenhäusern, Siechen-
häusern und Polikliniken entfaltet.
Während die kirchliche Fürsorge und Seelsorge der Weißen bei den Katholiken in
den Händen der mit der Heidenmission betrauten Priester liegt, haben sich in Deutsch-
Südwestafrika und Ostafrika eine Reihe selbständiger evangelischer Kirchengemeinden
gebildet, die von besonderen, dem preußischen Oberkirchenrat unterstehenden Geistlichen
— in Südwestafrika bereits 7, in Ostafrika 2 — versorgt werden und sich dank der Für-
sorge und Unterstützung, deren sie sich durch Oberkirchenrat und Kirchenausschuß er-
freuen, sehr gut entwickeln.
Wirtschaftlicher Aufschwung. Mit dem allgemeinen kolonialpolitischen Um-
schwung begann auch auf dem Gebiete der
mit der Verbesserung der Verkehrsanlagen im engsten Zusammenhange stehenden
Kolonialwirtschaft ein neuer Abschnitt: die Periode des wirtschaftlichen Auf-
schwunges. Von nun an übernahm die Verwaltung auch auf diesem Gebiete die Füh-
rung, ohne auf die Mitarbeit der bestens bewährten privaten Organisationen, nament-
lich des kolonialwirtschaftlichen Komitees, zu verzichten, wohingegen der allgemeine
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