174 Steine und Erden. VI. Buch.
Deutschlands Tonwarenindustrie macht einen erheblichen
Teil der gesamten Industrie Deutschlands aus. Wertvolle
Nohmaterialien werden im Lande gefunden. Seitdem sie gründlich untersucht sind,
ist ihre vielseitige Verwendung in die Wege geleitet. Um die Schaffung einer wissen-
schaftlichen und wirtschaftlichen Basis der Tonverarbeitung haben sich zwei deutsche
Forscher Seger und Bischof große Verdienste erworben. Zhr Ruhm reicht weit über
Deutschlands Grenzen hinaus. Während die Arbeiten Bischofs mehr den feuerfesten
Tonen galten und namentlich für die Hüttenindustrie von großem Wert wurden, waren
Segers Studien insbesondere dem Porzellan gewidmet. Als Vorsteher der Versuchs-
anstalt bei der Königlichen Porzellanmanufaktur zu Berlin hat Seger die Errungen-
schaften dieser Anstalt bedeutend vermehrt.
Tonwarenindustrie.
Die Erzeugnisse der Berliner Porzellanmanufaktur
stehen auf einer so hohen Stufe technischer und künst-
lerischer Entwicklung, daß zu ihrem Ruhme nichts mehr gesungen zu werden braucht.
Das Berliner Porzellan gehört zu der Gruppe der sogenannten Hartporzellane.
Aus der Untersuchung japanischer Porzellane kam Seger auf den Gedanken, auch
dieses weiche Porzellan nachzubilden, und zwar dadurch, daß er in den Scherben
Ton einführte. Die Masse wurde dadurch bildsamer als die nur mit Kaolin ange-
machten Massen. Dieses Segerporzellan läßt sich reichhaltig verzieren. Nament-
lich verträgt es die Aufbringung farbiger Glasuren von hoher Schönheit. Besonders
berühmt geworden sind rote und geflammte Kupferorpdulglasuren, bekannt unter
dem Namen Chinesisches Rot. Denn als Vorbild haben chinesische Notglafuren ge-
dient, die von Seger eifrig geprüft worden waren. Das eigentliche Kirschrot der
Glasur variiert bis zum Dunkelrot und spielt oft ins Blaue, Grüne und Violette über,
so schön, daß die chinesischen Glasuren, die als Muster gedient haben, weit übertroffen
werden.
Einen weiteren Fortschritt, der Seger zu verdanken ist, stellt die Ausbildung der
Malerei zwischen zwei Glasurschichten dar. Das im Porzellanofen glasierte Geschirr
wird nach der Bemalung mit passenden Farben mit einer zweiten Glasur von niedri-
gerem Schmelzpunkt überzogen und in der Muffel fertiggebrannt. Man hat es also
mit einer Art Unterglasurmalerei zu tun. Ein Unterschied gegenüber der eigentlichen
Unterglasurmalerei besteht allerdings darin, daß bei dieser die Malerei auf den Scherben
aufgebracht, und dieser mit der eigentlichen Porzellanglafur überzogen wird. Freilich
ist bei der letzteren Art die Farbenpalette nicht sehr groß, dagegen bei der Zwischen-
glasurmalerei reich und schön. Besonders wirkungsvoll fallen Unterglafur- und Zwischen-
glasurarbeiten aus, wenn die bildlichen Darstellungen, die nachher mit Farben besprüht
werden, durch Kratzarbeit in dem versprühten Scherben hergestellt sind. Oer artistische
Direktor der Königlichen Porzellanmanufaktur Professor Schmuz-Baudiß hat diesen
Kunstzweig mit Erfolg gepflegt.
Von großer Vollkommenheit sind auch die Gefäße mit Kristallglafuren der König-
lichen Porzellanmanufaktur. Die spiegelglatten Glasuren enthalten Kristalle, die metal-
Berliner Porzellan.
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