314 Die landwirtschaftlichen Wissenschaften. X. Buch.
erzielt worden, so kommt als weitere Aufgabe in Betracht, diesen konstant zu machen
und die Neigung, neue Variationen zu bilden, zu beseitigen, während das mit Hilfe der
Formentrennung Erzielte sofort in hohem Maße konstant ist. Man hat gelegentlich gemeint,
daß sogar bei diesen Ergebnissen eine weitere züchterische Arbeit überflüssig wäre, wenn
man nur die Fortpflanzung in reiner Linie weiter verfolgte. Bei den Arbeiten in
der Prazis muß man jedoch berücksichtigen, daß vielerlei Frembbeimischungen trotz
aller Vorsicht vorkommen können, sowohl durch Ubertragung von fremdem Saatgute als
auch durch die zufällige Fremdbestäubung mit Blütenstaub anderer Sorten. Zum Zwecke
der Kontrolle in bezug auf Reinheit und Echtheit ist daher die weitere züchterische Be-
arbeitung der durch Formentrennung erhaltenen Sorten unentbehrlich. Speziell in der
deutschen Pflanzenzüchtunghatsich diese letztere Anschauung erhalten und sichert in be-
sonderem Maße die Konstanzund Gleichmäßigkeit der durch die Züchtung erreichten Vorzüge.
Auch über den Wert der Kreuzung hat die neuere Zeit weitere Auf-
Uärung gebracht, besonders insofern, als man sie in den meisten Fällen
nur als letzten Notbehelf ansehen kann, wenn die anderen züchterischen Methoden fürirgend-
einen Zweck versagen. Es liegt in der Kreuzung, wie es sich namentlich durch die Arbeiten
des verstorbenen Cimbal in Frömsdorf ergeben hat, die Möglichkeit, wenn auch keine
absolut sichere, zwei sonst schwer zu vereinigende Eigenschaften wenigstens annähernd in
dem gleichen ZIndividuum zu verbinden. Solche Aufgaben liegen z. B. vor bei der
Zuckerrübenzüchtung in der Bereinigung von Massenertrag und Zuckergehalt, wie auch
besonders beim Winterweizen in der Verbindung von hoher Ertragsfähigkeit und Stroh--
festigkeit mit guteer Winterfestigkeit. Bei diesen beiden Problemen hat die Kreuzung zwar
auch keinen ganz vollkommenen Erfolg gebracht, aber speziell bei den Cimbalschen Weizen-
kreuzungen wenigstens einen annähernden, der bereits einen wertvollen Fortschritt be-
deutet. Im übrigen gilt für die Kreuzung das oben für die Variationen Gesagte in noch
höherem Maße, indem nach Ausführung einer Kreuzung die Konstanz noch stärker er-
schüttert und viel Mühe dazu notwendig ist, um die Reigung, Abänderungen zu bilden,
wieder zurückzudrängen. Zugleich haben aber auch die neueren Kenntnisse auf dem Ge-
biete der Vererbungslehre, die namentlich seit der Wiederentdeckung der Mendel-
schen Vererbungeregeln im FJahre 1900 in überraschender Weise erweitert sind, ge-
zeigt, daß die durch Kreuzungen erzielte Vereinigung von Merkmalen keine dauernde
ist, sondern daß immer wieder das Streben auftritt, die Merkmale in ihrer ursprünglichen
Form wiederherzustellen. Es ist aus den Fortschritten der Vererbungskunde überhaupt
hervorgegangen, daß das Beränderliche nicht die einzelnen Eigenschaften sind,
sondern vielmehr nur die Kombinationen, die sie zu zweien oder mehreren bilden
können, und diese Kombinationen zeigen ständig die Neigung, wieder auseinander
zu fallen. — Man sieht danach, daß die Pflanzenzüchtung sowohl in ihrem prakti-
schen Bestreben wie auch in ihren wissenschaftlichen Unterlagen gewaltige Fort-
schritte gerade in der letzten Zeit gemacht hat, und es ist durch Schaffung lei-
stungsfähigerer Sorten die wichtigste Vorbedingung für die Steigerung
der gesamten Ernteerträge gegeben.
Kreuzung.
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