Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

132 Die staatswissenschaftliche Theorie der Griechen 
Besitzes, der gewerbliche Besitz. Und zwar natürlich so, dass 
dieser gewerbliche Besitz in den Händen des gewerblichen Standes, 
der Gewerksherren und Kaufleute war, die zunächst wohl im 
Piraeus wohnten; also eine Handelsstadt neben einer Landstadt, 
beide aber in demselben Raume, bald auch innerhalb derselben 
Mauer. 
Schon zu Solons Zeit muss daher Athen ein ganz anderes 
Bild geboten haben, als die andern eigentlichen Landstädte; 
Attika als Ganzes wiederum ein anderes Bild, als die von den 
Doriern eroberten Länder. Während hier die reichen Familien, 
oder wie sie auch wohl hiessen, die rıayeis (die wohl schwerlich 
übersetzt werden dürfen, wie von Eisenhart in seinem „Berufe 
des Adels“ mit „die Dicken* — wir würden wohl sagen: die 
Grossen —) dauernd die selbstständige Macht in Händen be- 
hielten, und die kleinen Besitzer, sowohl in den Städten wie 
auf dem Lande, den druos, als nicht ebenbürlig ansahen, galt 
in Altika der gewerbliche Betrieb und das gewerbliche Capital 
wohl gleich von Anfang an uls gleichberechtigt neben dem Grund- 
besitz. Ein Umstand mag hier indess die letzte Entscheidung 
getroffen haben; das war der grosse Werth, den man seit den 
Perserkriegen auf die Schifffahrt zu legen belehrt worden war. 
Die Schiffe hatten Athen gerettet; das delphische Orakel halte 
die hölzernen Mauern für die Zuflucht der alten Stammbürger 
erklärt, und die Silberbergwerke von Laurion waren bestimmt 
worden, dem Staale seine Flotte zu erhalten; wie konnte der 
alheniensische Landbürger stolz auf den Kaufmann herabsehen, 
auf dessen Handelsgeschäft die Möglichkeit beruhte, von dieser 
Flotte Gebrauch zu machen? Mit Recht hat man stets hervor- 
gehoben, dass das Bewusstsein, Griechenland von den Persern 
gerettet zu haben, der eigentlich sittliche Halt des atheniensischen 
Staales gewesen. Man hat vergessen, dabei hinzuzusetzen, dass 
eben dieses Bewusstsein gerade in Athen 'den Unterschied von 
Land und Stadt am ersten und so entschieden vernichtete, dass 
wir gar keine Spur davon vorfinden. 
Die grosse und allgemeinste Folge dieser Thatsache war, 
dass hier wie allenthalben, wo der Grundbesitz und das gewerb- 
liche Capital sich ganz gleichgestelll werden, das gewerbliche
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.