vor Aristoteles und Platon. 145
eine sehr grosse, und sie selbst waren zum Theil ganz anderer
Natur als der Sklavenstand in Rom. In Rom brachte man Sklaven
aus den verschiedensten Völkerschaften theils durch Gewalt, theils
durch Kauf zusammen, und schlimm genug stand es auch hier
um eine Freiheit, in der die Arbeit der Sklaverei gehörle. Allein
das war denn doch am Ende ein ganz anderes Verhältniss als
in dem Griechenland, das wir als den Hauptsitz der Freiheit,
der Kunst, des Seelenadels und der Wissenschaft zu bewundern
pflegen. Rom, das diese Griechen so gerne als ein Reich von
Barbaren verschrieen, ging von dem Grundsaize aus, dass es
die ihm unterworfenen Nationen durch Bündnisse sich unterwerfen
musste; es hat seine italienischen Gegner und Stammverwandte
hunderimal besiegt und blutig gestraft, aber es hat nie ganze
Völkerschaften in die Sklaverei verkauft. In Griechenland dagegen
war es eben Grundsatz, jeden griechischen Siamm und jede
griechische Stadt, die sich der Hegemonie, und das war im Grunde
eine Tyrannis nicht unterwerfen wollte, zu zerstören, die Männer
zu tödten, und die Frauen und Kinder als Sklaven zu verkaufen.
Es ist merkwürdig, dass die Historiker Griechenlands dies höchste
Maass der Barbarei, das eben bei den Griechen heimisch war,
nicht ernstlicher betrachtet haben. Es beweist uns gerade diese
Erscheinung die grosse Wahrheit der tiefgreifenden Bemerkung
Boeckhs, dass die Masse des griechischen Volkes weit unter
der Bildung und Gesittung der Masse unserer Zeit gestanden ').
Er hätte nur hinzufügen sollen, auch tief unter der Masse des
römischen Volkes. Denn dies Volk hat bei allen seinen Mängeln
immer die Gerechtigkeit und das Recht sich erhalten, und kein
Samniter, Vejer, oder ein anderer Italer war Sklave in Rom,
während in Griechenland man die freien Weiber von Plataea
1) Vgl. das zwar harte, aber gerechte Urtheil Boeckhs (Staatshaush. Buch
IV, 22) und im Besondern die Stelle B. II, 6: „Edle Erscheinungen sind
untergegangen, und werden niemals (?) wieder so schön hervorkommen,
aber die Grundsätze der Menge haben sich veredelt, wenn auch erhabene
Geister des Alterthums eben so rein waren, als die erhabensten der neueren
Zeit und hierin liegt der Fortschritt der Menschheit.“ — Hermann ist offenbar
parteiisch für die Griechen, und hat zu viel Uebles bei ihnen nicht als Solches
anerkennen mögen. Vgl. z. B. C. VII 6. 155.
Zeitschr. für Staatsw. 1833. 1s Heft. 10